Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/193

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

laßt uns in den Kriegszustand eingehen und Thor und Odin, Muth und Festigkeit in unserer Brust wecken. Dieß geschieht in unsern weichen Zeiten dadurch, daß man die Wahrheit spricht. Weg mit dieser lügenhaften Gastfreiheit, dieser lügenhaften Ergebenheit. Leben wir nicht länger nach der Erwartung dieser betrogenen und betrügenden Leute, mit denen wir umgehen. Sagt ihnen: O Vater, o Mutter, o Gattin, o Bruder, o Freund, ich habe bisher nach dem Schein mit Euch gelebt. Hinfort gehöre ich der Wahrheit an. Von diesem Augenblick an gehorche ich keinem Gesetz, außer dem ewigen Gesetz. Ich will mich bemühen, meine Eltern zu ernähren, meine Familie zu erhalten; aber diesen Verhältnissen muß ich auf einem neuen Wege nachkommen. Ich appellire von den angenommenen Gebräuchen. Ich muß ich selbst sein. Wenn Ihr mich für das lieben könnt, was ich bin, so werden wir um so glücklicher sein, wenn Ihr es nicht könnt, so werde ich gleichwohl es zu verdienen suchen; ich werde meine Liebe oder meinen Widerwillen nicht verhehlen. Ich werde mich auf das was tief und heilig ist, so fest verlassen, daß ich kräftig vor Sonne und Mond ausführen werde, was mich innig erfreut und was mein Herz mir befiehlt. Wenn Ihr edel seid, so werde ich Euch lieben; wenn Ihr es nicht seid, so werde ich Euch und mir selbst nicht schaden durch erheuchelte Aufmerksamkeit. Wenn Ihr wahr seid, aber nicht in derselben Wahrheit wie ich, so bleibt bei Euresgleichen, ich werde meine eigene suchen. Ich thue dieß nicht in Selbstsucht, sondern in Wahrheit und Demuth. Es ist ebenso sehr euer Interesse, wie das meinige und das aller Menschen in Wahrheit zu leben, wie lange ihr auch in der Lüge gelebt haben möget. Lautet dieses hart heute? Ihr werdet bald lieben, was von eurer Natur wie von der meinigen vorbuchstabirt ist, und wenn wir der Wahrheit folgen, so wird sie

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/193&oldid=- (Version vom 9.9.2019)