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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Stimme seiner eigenen Seele wieder erkennt, nämlich Bücher und Traditionen gering zu achten, und auszusprechen, nicht was andere Menschen, sondern was sie selbst gedacht haben. Ein Mann sollte den Strahl von Licht, der aus seiner eigenen Seele blitzt, entdecken lernen und darüber mehr wachen, als über den Glanz vom Sternenhimmel der Barden und Weisen. Gleichwohl läßt er seinen Gedanken unaufmerksam liegen, weil er der seinige ist. In jedem Werk des Genies erkennen wir unsere eigenen verworfenen Gedanken wieder: sie kommen da mit einer gewissen fremden Majestät wieder zu uns. Große Kunstwerke haben uns keine tiefere Lehre mitzutheilen als diese. Sie lehren uns bei unserem ursprünglichen Eindruck festzustehen mit gutmüthiger Unbeugsamkeit und hauptsächlich dann, wenn der Ruf aller Stimmen auf der andern Seite erschallt. Sonst wird morgen ein Fremder mit meisterhaft gesunder Vernunft genau Das sagen, was wir die ganze Zeit gedacht und gefühlt haben, und wir werden genöthigt sein mit Scham unser Urtheil von einem Andern zu empfangen. — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Verlaß Dich auf Dich selbst: jede Seele vibrirt mit dieser eisernen Saite. Benützet den Raum, welchen die göttliche Vorsehung für Euch gefunden hat, die Gesellschaft Eurer Zeitgenossen, die Folgen der Ereignisse. Große Männer haben immer so gethan und sich kindlich dem Genius ihres Zeitalters anvertraut; ihren Glauben kund gebend, daß das äußerste Gewisse in ihre Herzen niedergelegt sei, durch ihre Hände wirkend, ihr ganzes Wesen beherrschend. Und wir sind jetzt Männer und müssen dasselbe hohe Schicksal im höchsten Sinn aufnehmen. Wir sollen nicht unmännlich, noch invalid, wir sollen keine Feiglinge sein, die vor einer Revolution fliehen, sondern Wegweiser, Aufrichter und Wohlthäter, gehorsam der allmächtigen Arbeit

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/189&oldid=- (Version vom 9.9.2019)