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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

verloren hatte. Ich wurde eingeladen dazu zu kommen. Der Bienenkorb war gemüthlich, fleißig und munter; er hatte, wenn auch keinen Honig, doch vortreffliche Milch und Kuchen den Arbeitsbienen zu bieten, unter denen ich natürlich Platz nahm, aber ohne großen Lärm zu machen.

Ein lustiger kleiner Professor K., Däne von Geburt und ächter Däne an Naivität und Redseligkeit, hat uns mehrere Male besucht und belustigt. Er hat sich mit einem polnischen Professor zusammen geschlagen, der ebenso groß und stattlich als der Däne klein und lebhaft ist, und die Beiden sind beständig beisammen, disputiren und peroriren und singen jeder sein Lied auf eine so kontrastirende Art und Weise, daß Maria Lowell und ich neulich einmal Abends laut auflachten. Ein Professor Desor, Schweizer und Naturforscher wie Agassiz, hat mich durch seine naturgeschichtlichen Anekdoten und seine freundliche Aufmerksamkeit interessirt.

Abends spät, wenn ich und meine jungen Freunde allein sind, lesen wir einander vor — Maria ließt die Poesien ihres Mannes bezaubernd schön — oder ich erzähle ihnen Stücke aus Romanen und Liebes- oder auch Gespenstergeschichten aus Schweden, oder ich ersuche sie mir solche zu erzählen. Das thue ich gewöhnlich, so bald ich mich in einem Haus recht eingewohnt habe. Aber die neue Welt ist zu jung und hat zu wenig alte Häuser und alten Schutt, als daß Gespenster da fortkommen könnten, und die Liebesgeschichten scheinen nicht merkwürdig genug zu sein, um historisch zu werden, außer in den Häusern und Herzen, wo sie im stillen leben. Aber jedes Haus, worin ich eine Zeit lang gelebt habe, gibt mir dennoch seine Liebesgeschichte als seine beste Blume, bevor ich es verlasse, und das freut mich immer sehr, und ich bewundere die Mannichfaltigkeit der Kniffe, die der blinde (oder auch hellsehende)

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/165&oldid=- (Version vom 9.9.2019)