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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

nach Hartford. Auf den Abend waren wir zu Mrs. Sigourney, der Verfasserin „angenehmer Memoiren von angenehmen Ländern,“ eingeladen, und hier schüttelte ich, glaube ich, der ganzen Stadt die Hände, vom Bischof an, einem schönen alten Prälaten, bis zum Schulmädchen, und spielte meine gewöhnliche Gesellschaftsrolle. Mrs. S., eine sehr freundliche, etwas empfindsame, aber recht angenehme Frau in grünem Aufzug, ungefähr 50 Jahre alt, mit einem guten mütterlichen Wesen, wollte mich durchaus über Nacht behalten, und ich durfte schlechterdings nicht nach meinem angenehmen Zimmer im Hotel zurückehren, das ich doch so gern behalten hätte, um ausruhen und schweigen zu können. Am Morgen vergaß ich jedoch die kleine Unannehmlichkeit über dem Frühstück und dem Gespräch mit meiner freundlichen Wirthin und ihrer anmuthsvollen einzigen Tochter. Die Sonne strahlte herein und das Haus hatte den Charakter einer guten liebewarmen Heimath. In solchen ist mir immer wohl zu Muthe und ich hätte mögen länger verweilen können. Mrs. S. schenkte mir ihre gesammelten poetischen Schriften und ich las daraus ein Gedicht, betitelt: Mein Land, wofür ich ihr die Hand küssen mußte, so schön war es und so edel und ächt weiblich der Geist, der darin wehte. Wie gut und schön klingt nicht von einer Mutter die Aufforderung an die Erde der neuen Welt:

„Mutter zu sein allen bedrückten Völkern der Erde, eine neue Heimath und Hoffnung zu geben allen Söhnen und Töchtern der Erde, die zu ihrem Schooße fliehen, ihnen ihren Reichthum, ihre Freiheit, ihr Glück, alle die Segnungen, deren sie entbehren, mitzutheilen.“

Nach der angenehmen Morgenstunde mußte ich wieder fremde Leute sehen und wurde also von meiner freundlichen Wirthin im Wagen ausgeführt, um die Stadt zu besehen, die mir wohl gebaut und wohl gelegen schien. Die öffentlichen Gebäude sind die größten und hübschesten von allen in der Stadt. Aber alle sowohl in als außer

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/134&oldid=- (Version vom 6.7.2019)