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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

an, und will alles Uebrige durch sie bestimmen lassen; er will so zu sagen das Leben aufs Neue beginnen und seine Gesetze auf experimentalem Wege erforschen. Gleich den Pflanzen, die man „exogens“ nennt, wächst es von Außen nach Innen, ist aber, wie mir scheint, in seinem Princip weit unbestimmter, als diese Pflanzen.

Abends wurde ich aufgefordert mich über diese Gesellschaftsbildung auszusprechen, und da sagte ich aufrichtig meine Ansicht über ihre Mängel, besonders darüber, daß ein Religionsbekenntniß, sowie ein öffentlicher Gottesdienst fehle, und daß sie blos auf einem moralischen Princip beruhe, dessen Gültigkeit leicht in Frage gestellt werden könne, da es seinen Zusammenhang mit einem ewig über der Erde und der Zeit bestehenden Leben, einem ewig geltenden Gesetze, und vor allen Dingen seiner Garantie bei einem persönlichen göttlichen Gesetzgeber nachzuweisen vermöge. Die Schlange wird einmal in euer Paradies eindringen, und dann — — womit wollt ihr sie bannen? Ich sagte auch, wie es mir diesen Morgen zu Muth gewesen, wie arm und öde mir ein Arbeitsleben erscheine, das nicht zugleich höheren Mächten diene, das nicht einen Raum für das Heilige und Schöne habe. Ein älterer Herr, der in meiner Nähe saß und ein gutes ehrliches Gesicht hatte, aber schrecklich spuckte, machte sichs besonders zur Aufgabe, meine Einwürfe zu beantworten. Aber sowohl seine Antworten, als auch die von einigen Andern bestärkten mich nur in meinem Eindruck über den nebelhaften Standpunkt, worauf ihre Intelligenz sich befand. Ich schwieg daher, nachdem ich meine Ansicht gesagt hatte. Aber ich und Mehrere andere hofften, daß Channing etwas sagen würde. Er that es jedoch nicht, sondern saß lauschend da, seinen schönen sprechenden Kopf, seinen denkenden Blick den Redenden zugewandt.

Bergfalk und ich wurden hierauf ersucht, mit einander schwedisch zu sprechen, damit man die wunderliche fremde Sprache hören könnte; wir setzten uns also mitten in

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/105&oldid=- (Version vom 6.7.2019)