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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

ist erstickend; kein Windhauch, keine Luft, sondern eine Hitze wie in einem Ofen. Nur Abends, wenn der Mond aufgegangen ist und seine Silberfluthen unter die Schatten der Ufer und des Flusses ausgießt, dann ist es schön. Gestern Abend schlich ich mich allein und mit unsäglicher Wehmuth durch den Park. „Dieß Alles ist jetzt vorbei, diese Zeit, diese Bande der Freundschaft, diese großen Erscheinungen einer neuen Welt, diese schönen lebenswarmen Verhältnisse, vorbei, vorbei!“ Ich benetzte das Gras mit meinen Thränen. Aber als ich emporschaute, da sah der Vollmond klar und groß auf mich herab und leuchtete mir in die Seele und sagte: „Nein es ist nicht vorbei. Stärke dein Herz mit dem Licht, das ewig währt. Was der Mensch so gefunden, so vernommen hat, das bleibt ihm für immer und kann nicht sterben. Das ist eine unvergängliche Saat, die sich in neuen reichen Ernten im Reiche des Lichtes erneuen wird.“ Siehst Du, das sagte der Mond, mein Freund, zu mir, und getröstet ging ich wieder hinein und war still und dankbar. Morgen reise ich nach New-York, wohin meine Freunde mich begleiten.

Manches inhaltreiche Wort habe ich in diesen Tagen von einem stillen Freunde gehört, der jetzt wie früher nur wenig sagt, aber in diesem Wenigen so viel. Er wünscht, daß ich das Gute und Böse in diesem Lande mit Klarheit auffassen und ohne Vorbehalt aussprechen solle, aber er überläßt es meinem eigenen Geist die Wahrheit und die Art und Weise zu finden. „Das Alles, sagt er, werden Sie wissen, wenn Sie einmal nach Haus und in Ruhe kommen.“ Sein ganzes Benehmen und seine vollkommene Zuversichtlichkeit entzücken mich. Downings Interesse für die intellectuelle Entwicklung der Frauenzimmer in Europa ist ein Kapitel, das mich besonders mit ihm verbindet. Dieser helläugige Beobachter sieht besser als irgend Jemand,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 506. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/524&oldid=- (Version vom 11.12.2023)