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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

mit ihrem so gefühlvollen Blick werde ich stets in der Erinnerung und dereinst ganz gewiß auch in der Auferstehung wieder sehen. Es kann nicht anders sein. Der Ausdruck solcher Geister kann nicht sterben. Man hat einen natürlichen Leib; man hat auch einen geistigen Leib, sagt Paulus.

Unter Freunden, die mir in New-York begegneten, war Professor de Vere von Charlotteville, aber nicht mehr in Freude. Sein schönes Haus war jetzt eine Wohnung der Trauer. Seine junge Frau, meine liebenswürdige Wirthin, war gestorben, indem sie ihrem letzten Kinde das Leben gab. Es that mir herzlich leid um ihn und um das mutterlose Kind.

In New-York verbrachte ich meine Tage damit, daß ich nähere Bekanntschaft mit demjenigen Theil des Lebens der großen Stadt schloß, der zur nächtlichen Partie, zu dem düstern Reich der Schatten und Hels gehört, sowie es auf der Erde noch zu finden ist. Aber ich durchwanderte es in Begleitung von einem Engel des Lichtes. Ich kann die Quäkerin, die mich führte, nicht anders nennen, denn ihr Gesicht war hell und schön, wie die reinste Güte, und über den milden, blauen Augen wölbten sich Brauen, licht, wie die von Gott Balder gewesen sein mögen. Sie waren bloß von einem hellen goldenen Rand bezeichnet. Mrs. Gibbons ist eine Tochter des berühmten alten Quäkers Isaak Hopper. Vom Vater hat die Tochter den werkthätigen menschenfreundlihen Sinn und den festen Character geerbt, der auf dem Wege, welchen sie zu wandern beschlossen, vor nichts zurückweicht. Ein großer Theil ihrer Zeit wird durch die Pflege der Unglücklichen, der Verbrecher und der Gefangenen in Anspruch genommen, und ihre Thätigkeit darin ist so allgemein bekannt und geschätzt, daß alle Gefängnisse, alle öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten ihr offen stehen, und daß man sich an ihrer Seite selbst in den verdorbensten Winkeln New-Yorks

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/487&oldid=- (Version vom 9.12.2023)