Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band.djvu/388

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

stillen gemütlichen Wesen, gewann meine Neigung ganz besonders. Die Universität wird wegen der gründlichen Gelehrsamkeit, die hier zu Hause ist, sowie wegen der strengen Forderungen, die man an die Studirenden macht, gerühmt. Der Jüngling, der auf dieser Universität das Diplom erhalten hat, kann mit Sicherheit auf eine gute Anstellung und ein Amt rechnen, sobald er abgeht. Es ist auch eine besondere Einrichtung da, welche armen Jünglingen mit guten Anlagen und Lust zum Studiren Gelegenheit gewährt sich kostenfrei auf der Universität aufzuhalten.

Als Jefferson die Akademie gründete, verwies er Kirche und Priester daraus. Sie bekamen keinen Raum an seinem Gelehrsamkeitssitz. Aber so klar ist bei diesem Volk die Einsicht, daß das Staatsleben des kirchlichen Lebens und des Priesters in der Gemeinde bedarf, daß bald nach Jeffersons Tod in einem der Universitätsgebäude ein Saal zur Kirche eingerichtet wurde, und die Vorsteher der Universität übereinkamen Priester verschiedener kirchlicher Confessionen zu berufen, um abwechselnd den Dienst zu versehen, so daß die vornehmsten kirchlichen Secten in den Vereinigten Staaten, Episcopalen, Calvinisten, Methodisten u. s. w. hier vertreten waren, daß Niemand über illiberale Ausschließung klagen konnte, und die studirende Jugend Gelegenheit erhielt Lehren aller Art zu vernehmen. Die academische Dienstzeit für jeden auf solche Art berufenen Priester ist auf zwei Jahre festgesetzt. Der gegenwärtig hier angestellte Prediger gehört der episcopalen Kirche an. Diese gute Anordnung ist von den studirenden Jünglingen so aufgenommen worden, daß sie, obschon ihre Theilnahme am Gottesdienst sowie ihre Beiträge für den geistlichen Lehrer lediglich ihrem eigenen Gutdünken anheimgestellt sind, den ersteren selten, selbst bei den Morgen- und Abendgebeten nicht, versäumen und sich den letzteren nicht entziehen.

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/388&oldid=- (Version vom 13.9.2022)