Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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Es ist Sonntag und Vormittag; aber die Zuckermühle geht und das Klatschen der Peitsche tönt arbeitgebietend. Die Sklaven müssen den ganzen Tag arbeiten, wie am Werktag. Der nächste Sonntag, heißt es, sei derjenige, an welchem die Sklaven einige Stunden ausruhen und, wenn sie wollen, auch tanzen dürfen. Aber — sie sehen so müde aus.
Es gibt auf Cuba Plantagen, wo die Sklaven 21 Stunden des Tags zur Arbeit getrieben werden; Plantagen, wo man nur Männer hat, die wie Ochsen getrieben werden, aber noch weit härter als Ochsen. Der Pflanzer rechnet aus, daß er Etwas gewinne, wenn er seine Sklaven so zur Arbeit treibt, daß sie binnen sieben Jahren sterben, in welcher Zeit er die Plantage mit frischen Sklaven besetzt, die von Africa eingeführt werden und die er für 200 — 300 Dollars das Stück kaufen kann. Der fortwährende Sklavenhandel auf Cuba macht, daß die Sklaven zu gutem Preise verkauft werden. Ich habe von Zügen von 600 männlichen Sklaven gehört, die wie Sträflinge behandelt und bei Nacht eingesperrt werden — dieß auf den Plantagen auf der Südseite der Insel.
Unter solchen Verhältnissen kann man sich in den idealen Staat des Socialismus verlieben, und Menschen wie Alcott erscheinen als Heilige und Oberpriester der Erde. Wie schön erscheinen nicht die Brüderversammlungen auf Erden, auch in ihren liebevollen Uebertreibungen, neben diesen Staaten, wo die Menschenkraft so schrecklich mißbraucht und das Menschenrecht mit Füßen getreten wird! Hier werde ich wärmer als je für die Gesellschaftslehren, die sich in den freien Staaten Nordamerikas Bahn zu brechen bestrebt sind, und wenn ich dahin zurückkehre, so werde ich mit ihnen
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/176&oldid=- (Version vom 15.9.2022)