Seite:Die Gartenlaube (1887) 838.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Alter, sondern bietet sich Allen als Rathgeber an, welche an Kinderspielen auf der Bühne Vergnügen haben und an der Einrichtung solcher Bühnen en miniature sich betheiligen wollen.

Als ein gediegenes Geschenkwerk für das mittlere Jugendalter empfehlen wir zunächst „Im Frühlicht“, Märchen und Erzählungen von Julie Ludwig, mit sechs Bildern in Farbendruck von Hermann Vogel (Stuttgart, Gebrüder Kröner). Die Verfasserin hat sich einen geachteten Namen als Jugendschriftstellerin erworben und erzählt in ihrem neuen Buche der jungen Herzen Freud und Leid in meisterhafter Weise. Ihre anmuthend poetische, lebenswarme und -wahre Darstellung fesselt und erhebt den jugendlichen Leser; gern wird er zu den einzelnen Geschichten wiederholt zurückkehren, der echt künstlerisch aufgebauten Handlung von Neuem mit ganzem Interesse folgen und am Schlusse dieselbe freundliche und nachhaltige Befriedigung empfinden wie beim ersten Male. Auch der reiferen Jugend wird dieses Buch hochwillkommen sein, welches nicht nur als Geschenkwerk Verwendung finden sollte; auch die Schulen sollten sich diese Bereicherung ihrer Bibliotheken nicht entgehen lassen.

Unser geschätzter Mitarbeiter Viktor Blüthgen erfreut mit einer Märchensammlung aus aller Welt: „Der Märchenquell“ (Leipzig, Ambr. Abel). An solchen Sammlungen, und zwar guten, ist kein Mangel; wer aber die Blüthgen’sche andern vorzieht, darf gewiß sein, eine sehr glückliche Wahl getroffen zu haben. Die „Volksmärchen der Deutschen“ von Musäus, für die Jugend ausgewählt und bearbeitet von M. W. G. Müller (Stuttgart, K. Thienemann’s Verlag) können wir für die gewecktere reifere Jugend ebenfalls nur empfehlen, da nicht nur die Auswahl der Märchen zu billigen ist, sondern namentlich auch die Illustrationen dieses stattlichen Geschenkwerkes – nach Zeichnungen von Hermann Vogel theils in Farbendruck, theils in Holzschnitt ausgeführt – unbedingter Anerkennung werth sind. (Eine weniger umfangreiche, aber nicht minder sorgfältige Auswahl der Volksmärchen von Musäus ist in der „Universalbibliothek für die Jugend“ erschienen) – Von der längst vortheilhaft bekannten Sammlung deutscher Märchen und Sagen „Der Wunderborn“ (Stuttgart, Gebrüder Kröner), mit dem reichen Illustrationsschmuck von Eugen Neureuther, haben die Verleger eine neue billige Ausgabe veranstaltet und damit den Wünschen Vieler Rechnung getragen, welchen der frühere Preis zu hoch, der Besitz der werthvollen, in ihrer Art einzigen Sammlung aber doch erwünscht war. – Lina Walther’s „Wunderbare Geschichten“ (Gotha, Fr. Andr. Perthes) sind frisch und keck erzählt. Die Verfasserin trifft den Ton für Kinder und fesselt zugleich durch originelle Stoffe; wir hoffen ihr noch öfter zu begegnen.

Von den Erzählungen, welche dem täglichen Leben entnommen sind, müssen wir „Arthur und Squirrel“ von Johanna Spyri (Gotha, F. A. Perthes) obenanstellen. Wir freuen uns jedes Mal, wenn uns ein neues Buch dieser Schriftstellerin zu Gesicht kommt. Sie ist unter allen Jugendschriftstellerinnen der Gegenwart entschieden die bedeutendste, und nur eine möchten wir ihr überhaupt an die Seite stellen: die verstorbene Ottilie Wildermuth. Es ist merkwürdig, wie verschieden Beide in ihren Werken und wie ähnlich sie doch in ihrem Streben und Können sind. Wir bedauern, daß wir auf den Inhalt von „Arthur und Squirrel“ nicht kurz nacherzählend eingehen können; wer aber einmal das Buch zur Hand nimmt, wird es nicht ohne die höchste Befriedigung fortlegen. – Recht erfreulich und beachtenswerth sind auch zwei andere Novitäten. „Die Kinder von Bucheck“ von A. v. d. Osten (Stuttgart, K. Thienemann’s Verlag) und „Vier Erzählungen aus der Kinderwelt“ von Thekla von Gumpert (Stuttgart, W. Effenberger), beide ansprechend illustrirt.

Von den geschichtlichen Erzählungen für das mittlere Jugendalter nennen wir in erster Reihe die „Patriotischen Erzählungen“ von Ferdinand Schmidt, dem verdienten Berliner Jugend- und Volksschriftsteller (Düsseldorf, Bagel), „Otto IV. mit dem Pfeile“ und „Der falsche Waldemar“ von demselben (ebenda). Von Franz Heyer erschienen „Kaiser Konrad II.“ und „Kaiser Heinrich III.“ (Breslau, M. Woywod), zwei Jugendschriften von großem Werthe. – L. Willigerod erzählt „Altes und Neues aus Bayern“ (Gotha, F. A. Perthes). Bei König Ludwig II. und seinen Schöpfungen verweilt die Verfasserin am längsten, und ihre gewandte Darstellung wird den Leser lebhaft fesseln.

Eine Zeitschrift für die Jugend feiert ihr fünfundzwanzigjähriges Jubiläum: die „Kinderlaube“ (Dresden, C. C. Meinhold und Söhne). Der vorliegende Jubiläumsband bildet ein überaus stattliches Geschenkwerk; der Inhalt ist mannigfaltig und nach Text und Bildern gediegen. – D. Duncker’s „Buntes Jahr“ (Berlin, A. Hofmann und Comp.) ist ein Kinderkalender, der sich bereits im vorigen Jahre Freunde erworben hat und von den alten Bekannten herzlich willkommen geheißen wird.

Die Zahl der ausschließlich für die reifere Jugend vom zwölften Jahre aufwärts bestimmten Schriften ist eine so große, daß wir nur die bedeutendsten derselben hier erwähnen können. Zuerst: „Freuden und Leiden auf offener See“ von J. H. O. Kern (Stuttgart, Gebrüder Kröner), mit Völker-, Insel- und Seebildern aus dem Stillen Ocean. Das ist ein Buch, wie es der Jugend gefällt und wie es Eltern und Lehrer ihr ruhig in die Hand geben können: spannend geschrieben und nach Stoffwahl und Darstellung Zeugniß ablegend von den für den Verfasser maßgebenden trefflichen erzieherischen Grundsätzen. Zahlreiche Abbildungen, zum Theil in prächtigem Farbendruck, unterstützen die Anschaulichkeit der Schilderungen. Auch „In Sturm und Noth“ von demselben Verfasser (Leipzig, Hirt und Sohn) enthält Bilder aus dem Seeleben, welche geeignet sind, das Interesse lebhafter Knaben zu fesseln und Achtung und Liebe für den von steten Gefahren bedrohten, aber in allen Lagen ruhigen und kühnen Seemann in ihnen zu erwecken. „Seespuk“ (ebenda) von dem kaiserlichen Marinepfarrer P. G. Heims in Kiel setzt ein sehr reifes Verständniß voraus und wendet sich nicht allein an die Jugend, sondern auch an Erwachsene. Was das Buch enthält, sind Geschichten von allerhand Aberglauben, Märchen und Schnurren aus dem Seemannsleben, welche der Verfasser entweder fremden Schriftstellern entlehnt oder in Seemannskreisen gesammelt und meisterhaft nacherzählt hat. – „Der letzte Mohikaner“ (ebenda) von [[James Fenimore Cooper |Cooper]] ist bekannt. Die vorliegende von A. Helms veranstaltete neue Ausgabe empfiehlt sich durch sorgfältige Bearbeitung und glänzende Ausstattung.

Von Oskar Höcker erschien eine neue kulturgeschichtliche Erzählung aus der Zeit Karl’s des Großen: „Wuotan’s Ende.“ (Leipzig, Hirt und Sohn). Auch Julius Pederzani-Weber und Adolf Glaser entlehnen ihre Stoffe der Kulturgeschichte. Ersterer schildert in seinem Buche „Kynstudt“ (ebenda) die vielfachen Kämpfe der Brüder vom deutschen Orden gegen die Littauer und Polen; Letzterer in „Masaniello“ (Leipzig, Otto Spamer) das kampfbewegte Leben Neapels im 17. Jahrhundert. Eine Leuchte der Wissenschaft, Galileo Galilei, steht mit im Vordergrund der Handlung. – „Theodor Körner und sein Vaterhaus“ von W. Weyergang (ebenda) sollte in keiner Jugendbibliothek fehlen.

Ein hervorragendes Geschenkwerk für Knaben ist „Das Buch der Jugend“ (Stuttgart, K. Thienemann’s Verlag), ein in gediegenster Ausstattung erschienenes Jahrbuch, von dem wir wünschen möchten, daß es sich in recht zahlreichen Familien einbürgere. Erzählungen aus Leben und Geschichte, Naturschilderungen, Experimente, Rechenaufgaben und Räthsel etc. bieten eine reiche Abwechslung.

Einen trefflichen Wegweiser durch das Gebiet der Astronomie bietet der „Bilderatlas der Sternenwelt“ von Edmund Weiß, dem Direktor der Sternwarte zu Wien (Eßlingen, J. F. Schreiber). Einen solchen Atlas haben wir bisher noch nicht gehabt. Er enthält 41 lithographirte vorzügliche Tafeln mit leichtverständlichem erläuternden Text aus berufenster Feder. Das Werk darf ein Geschenk genannt werden, an welchem sich die ganze Familie erfreuen kann.

Die hübsch ausgestatteten Bändchen der „Universalbibliothek für die Jugend“ dürfen, wenn es für den Weihnachtstisch einzukaufen gilt, nicht vergessen werden. Die Bibliothek enthält Geschenkwerke für jedes Alter und für Knaben und Mädchen. Jedes Bändchen ist auf das Sorgfältigste bearbeitet und macht in dem saubern rothen Einbande mit reichem Schwarz- und Golddruck einen echt weihnachtlichen Eindruck. Dazu haben sie den Vorzug außerordentlicher Billigkeit, so daß ihre Beschaffung auch Denen leicht möglich ist, deren pekuniäre Mittel nicht allzu reichlich bemessen sind oder bei denen die größere Reihe der zu Beschenkenden eine gewisse Beschränkung auferlegt. Gutsherren, Vorstände von Vereinen, die Leiter von Erziehungsanstalten etc., welche eine ungewöhnlich große Schar von Kindern bedenken wollen, finden in der Universalbibliothek eine reiche Auswahl, mögen sie nun Erzählungen aus dem Leben oder aus der Geschichte wünschen, Robinsonaden, Märchen oder Sagen, Indianergeschichten oder markige Erzählungen aus dem Seeleben.

Von den speciell für die reifere weibliche Jugend berechneten Schriften erwähnen wir nur kurz folgende: „Was soll denn aus ihr werden?“ von der trefflichen Johanna Spyri (Gotha, Perthes), „Ringen und Streben“ von Julie Werner (Stuttgart, Karl Krabbe), „Die letzten Maltheims“ von Brigitte Augusti (Leipzig, Hirt u. Sohn) und „Vielliebchen“, Bilder aus dem deutschen Familienleben von Charlotte Molotka (Stuttgart, Krabbe). Diese Auswahl ist zwar keine große, dafür aber sind die wenigen gebotenen Erzählungen um so werthvoller.

Mädchen im sogen. Uebergangsalter sollten auch mit den Perlen der Dichtung bekannt gemacht werden; denn gerade dieses Alter erschließt sich dem innigen Verständniß für Schönheit und Poesie am leichtesten. Als gediegene Sammlungen zugleich in geschmackvollster Ausstattung, empfehlen wir namentlich die „Lieder der Heimath“ von Ludwig Bund (Iserlohn, Julius Baedeker) und „Album deutscher Kunst und Dichtung“ von Friedrich Bodenstedt (Berlin, G. Grote) oder als eine kleinere Sammlung „Am eignen Herd“ von Maximilian Bern (Leipzig, Adolf Titze): Bücher, welche den damit Beschenkten bis in späte Jahre werth bleiben werden. Dietrich Theden.     


Blätter und Blüthen.

Das Geburtshaus Napoleon’s I. Von dieser Casa Bonaparte in Ajaccio, welche von den Reisenden aller Länder heimgesucht wird, entwirft uns Ludwig Hevesi in seinen „Bildern aus Italien“ (Stuttgart, Adolf Bonz), denen er den italienischen Titel „Almanaccando“ giebt, ein sehr anschauliches Bild. Dies Haus ist ein Eckhaus der Straße Saint-Charles und der Straße Letizia; in der ersteren ist, seiner Stirnseite gegenüber, eine Hausstelle offen gelassen worden und der hierdurch entstandene kleine Platz heißt Place Letizia: es ist der anspruchsloseste Platz der Welt. Die Häuser, die ihn bilden, kehren ihm zum Theil die Rückseiten zu. Ein blauweiß gestrichenes Schilderhaus, dessen Schildwache jedoch die sparsame Republik eingezogen hat, ist das einzige monumentale Gebäude des Platzes; nicht einmal in einen umfriedeten Square haben die beiden Kaiserreiche diesen historischen Fleck Erde verwandelt. Nur der Hauswirth hat zwei struppige Grasrondeaus angelegt und einige magere Bäumlein darein gesetzt. In der Mitte des einen steht eine Palme, in der Mitte des andern ein Oelbaum: sie sind von dem braven Hausmann gepflanzt

worden, als der kleine Lulu das Licht der Welt erblickt hat, allein die Palme ist keine Palme des Ruhmes geworden für den Helden von

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 838. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_838.jpg&oldid=- (Version vom 24.2.2024)