Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 7 (1887), Seite 398399
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Glaser. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 398–399. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Glaser (Version vom 23.12.2022)

[398] Glaser, 1) Adolf, Schriftsteller, geb. 15. Dez. 1829 zu Wiesbaden, widmete sich zuerst in Mainz dem Kunsthandel, bereitete sich dann für die Universität vor und studierte von 1853 an Geschichte und Philosophie in Berlin. 1856 übernahm er in Braunschweig die Redaktion von „Westermanns illustrierten deutschen Monatsheften“, die er zunächst bis 1878 (seit 1869 von Berlin aus) führte und 1883 von neuem übernahm. Seine poetische Laufbahn hatte G. mit den unter dem Pseudonym Reinald Reimar erschienenen Dramen „Kriemhildens Rache“ (Hamb. 1853) und „Penelope“ (das. 1854) begonnen. Es folgten unter seinem eignen Namen die Romane „Familie Schaller“ (Prag 1857, 2 Bde.) u. „Bianca Candiano“ (Hannov. 1859); „Erzählungen und Novellen“ (Braunschw. 1862, 3 Bde.); „Gedichte“ (das. 1862); das Trauerspiel „Galileo Galilei“ (Berl. 1861); der Roman „Was ist Wahrheit?“ (Braunschw. 1869) und „Leseabende“ (das. 1867, 4 Bde.); ferner „Der Hausgeist der Frau von Estobal“ (Berl. 1877); „Schlitzwang“ (das. 1878); „Eine Magdalena ohne Glorienschein“ (das. 1878); „Weibliche Dämonen“ (das. 1879, 2 Bde.); die Novellensammlung „Aus dem 18. Jahrhundert“ (Leipz. 1880); „Wulfhilde, Roman aus dem 12. Jahrhundert“ (Berl. 1880); „Moderne Gegensätze“ (Leipz. 1881); „Aus hohen Regionen“ (Wismar 1882); „Savonarola“ (Leipz. 1883); „Das verschwundene Dokument“ (das. 1883); „Cordula“ (das. 1885); „Das Fräulein von Villecour“ (Dresd. 1885). Daneben wendete sich G. vorzugsweise der freien Bearbeitung niederländischer Produktionen zu und vermittelte das Bekanntwerden einer Reihe talentvoller holländischer Autoren in Deutschland mit: „Hänschen Siebenstern“, nach J. van Lennep (Braunschw. 1867); „Niederländische Novellen“ (das. 1867); „In der Fremde“, nach Gerard Keller (das. 1868); „Doktor Helmond und seine Frau“, nach Cremer (das. 1874); „Lideweide“, nach Busken Huet (das. 1874); „Die Arbeiterprinzessin“, nach Cremer (das. 1875); „Der Schwiegersohn der Frau von Roggeveen“ (das. 1876) und „Jeannette und Juanito“ (Leipz. 1881), nach ten Brink; „Das Haus des Schulmeisters“, nach Gerard Keller (Braunschw. 1877); „Von der Bretterwelt“ (Berl. 1882) u. a. Auch schrieb er eine „Geschichte des Theaters zu Braunschweig“ (Braunschw. 1861).

2) Julius Anton, vorher Josua, ausgezeichneter Kriminalist und österreichischer Staatsmann, geb. 19. März 1831 von jüdischen Eltern zu Postelberg in Böhmen, trat später zum Christentum über. 1849 an der Universität Zürich zum Doktor der Philosophie promoviert, machte er sich, noch nicht 20 Jahre alt, durch seine Monographie „Das englisch-schottische Strafverfahren“ (Wien 1850) als kriminalistischer Schriftsteller bekannt und habilitierte sich nach Erlangung der juristischen Doktorwürde 1854 in Wien als Privatdozent für österreichisches Strafrecht, worauf er 1856 außerordentlicher, 1860 ordentlicher Professor ward. Ein eifriges Mitglied des deutschen Juristentags, war er zugleich für Reform der österreichischen Strafgesetzgebung, namentlich für das Zustandekommen der neuen Strafprozeßordnung, thätig. Am 25. Nov. 1871 trat er als Justizminister in das Kabinett Adolf Auersperg, dem er bis 1879 angehörte. Als Vertreter der innern Stadt Wien im Abgeordnetenhaus gehörte er zu den begabtesten Anhängern der Partei der Linken. Seit 1879 Generalprokurator am höchsten Gerichtshof, starb er 26. Dez. 1885 in Wien. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: „Abhandlungen aus dem österreichischen Strafrecht“ (Wien 1858, Bd. 1); „Anklage, Wahrspruch [399] und Rechtsmittel im englischen Schwurgerichtsverfahren“ (Erlang. 1866); „Gesammelte kleinere Schriften über Strafrecht, Zivil- und Strafprozeß“ (Wien 1868, 2 Bde.; 2. Aufl. 1883); „Studien zum Entwurf des österreichischen Strafgesetzes über Verbrechen und Vergehen“ (das. 1871); „Schwurgerichtliche Erörterungen“ (2. Aufl., das. 1875); „Beiträge zur Lehre vom Beweis im Strafprozeß“ (Leipz. 1883). In Bindings „Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft“ bearbeitete er den Strafprozeß (Leipz. 1883–85, 2 Bde.). Mit J. Unger und J. v. Walther gab er die „Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des k. k. obersten Gerichtshofs“ (Wien 1859 ff., 2. Aufl. 1873 ff.), mit Stubenrauch und Nowak die „Allgemeine österreichische Gerichtszeitung“ (das. 1864 ff.) heraus. Vgl. Unger, Julius G., ein Nachruf (Wien 1886).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 385
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[385] Glaser, 2) Julius Anton, Kriminalist. Ein „Bibliographisches Verzeichnis seiner Werke, Abhandlungen, Gesetzentwürfe und Reden“ erschien Wien 1888.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 370371
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[370] Glaser, Eduard, Arabienreisender, geb. 15. März 1855 zu Deutsch-Rust in Böhmen, erhielt seine Vorbildung auf den Realschulen zu Komotau und Prag, studierte hauptsächlich Mathematik, Physik und Astronomie auf den Universitäten Prag und Wien; an letzterm Orte trieb er gleichzeitig Arabisch bei der Orientalischen Akademie. Nachdem er 1878–80 als Assistent an der k. k. Sternwarte in Wien (Währing) thätig gewesen war, begann er 1880 sich der wissenschaftlichen Erforschung der Länder arabischer Zunge zu widmen, mit einem Erfolg, der ihn in die erste Reihe der zeitgenössischen Forschungsreisenden gestellt hat. Nach einem vom November 1880 bis September 1882 währenden Aufenthalt in Tunesien, Tripolis und Ägypten hat er auf drei großen Reisen (September 1882 bis April 1884; April 1885 bis März 1886; Oktober 1887 bis Oktober 1888) unter geschickter und energischer Überwindung großer, seinen Vorgängern und Mitbewerbern hinderlich, zum Teil verderblich gewesener Schwierigkeiten das südwestliche Arabien (Jemen), vor allem Ma’rib, die ehemalige Hauptstadt des alten Sabäerreiches, nebst Umgebung durchforscht. Als Hauptergebnis seiner Thätigkeit erscheint bis jetzt der Gewinn von mehr als 600 wertvollen arabischen Handschriften, über 100 Steindenkmälern und 1032 südarabischen Inschriften aus der vormohammedanischen Zeit, die alle von ihm glücklich nach Europa geschafft sind und sich zum Teil in den Museen von Berlin und Paris, zum Teil noch in seinem Privatbesitz befinden. Aus den bisherigen, infolge eigentümlicher Verhältnisse leider noch sehr wenig umfangreichen Veröffentlichungen ergibt sich, daß nicht nur die Menge, sondern auch die Wichtigkeit dieser Materialien alles in den Schatten zu stellen verspricht, was durch Glasers Vorgänger, besonders J. Halévy, auf diesem Gebiet bisher der Wissenschaft zugänglich geworden war. Einen vorläufigen Begriff von dieser Wichtigkeit gegeben [371] zu haben, ist hauptsächlich das Verdienst Glasers selbst, den seine sprachlichen und epigraphischen Kenntnisse zur eignen Verarbeitung des in seinen Händen befindlichen Stoffes befähigen. Es sind von ihm erschienen: „Mitteilungen über einige aus meiner Sammlung stammende sabäische Inschriften“ (Prag 1886, Selbstverlag); „Südarabische Streitfragen“ (das. 1887, Selbstverlag); „Skizze der Geschichte und Geographie Arabiens von den ältesten Zeiten bis zum Propheten Mohammed nebst einem Anhang zur Beleuchtung der Geschichte Abessyniens im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr.“ (zuerst Bd. 2, Berl. 1890; enthält den geographischen Teil); außerdem zahlreiche Artikel in Zeitschriften („Petermanns Mitteilungen“, 1884, 1886; „Ausland“, 1890; „Sitzungsberichte der Wiener Akademie“, historisch-philologische Klasse; „Schriften der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften“; „Münchener Allgemeine Zeitung“ u. a.). Manche der überraschenden Aufstellungen Glasers, die eine vollkommene Umwälzung der bisherigen Ansichten insbesondere über die Geschichte des alten Arabien zur Folge haben würden, sind in den Kreisen der Fachgelehrten erheblichem Widerspruch begegnet, und eine sichere Lösung der von ihm angeregten Fragen wird vor der vollständigen Veröffentlichung des ganzen Materials kaum erreicht werden. Hierdurch wird natürlich das Verdienst des zielbewußten Reisenden und anregenden Gelehrten in keiner Weise gemindert, ein Verdienst, welches ihm außer andern Ehren 1889 den honoris causa erteilten Doktortitel der Universität Greifswald eingebracht hat. Gegenwärtig lebt G., mit der weitern Verarbeitung seiner Inschriften beschäftigt, in München.