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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

zeigt uns ein liebliches Knabenantlitz mit sinnigem, träumerischem Ausdruck: es kündet bereits den Sänger jener Naturlieder an, die in Uhland’s Dichterkranz als die anmuthigsten Blumen eingeflochten sind. Oder wer würde sich nicht beim Anblick dieser freundlichen Züge des schönen Uhland’schen Frühlingsliedes erinnern, welches wir in dieser Nummer mit illustrirtem Schmuck mitgetheilt haben?

Uhland’s Gedichte und Dramen in Jubiläumsausgabe. Daß die Feier des hundertsten Geburtstages des schwäbischen Sängers eine Fluth von Gelegenheitsschriften in gebundener und ungebundener Rede, Aufsätzen und Gedenkreden heraufbeschwören werde, konnte von Anfang an nicht zweifelhaft sein. Denn wen, wie unsern Uhland, es so ganz sein eigen nennt, den wird das Volk bei einem so hervorragenden Gedenktage in Wort, Lied und Bild preisen, weil es unwillkürlich fühlt, daß es in den dankbaren Huldigungen für den Dichter am meisten sich selbst ehrt. Und so bringt denn in der That jede der letzten Wochen neue Schriften über Uhland, die alle, wie verschieden sie auch unter sich in ihren Zielen sein mögen, doch in den einen Accord zusammenfließen, daß die Gedenkfeier des 26. April gleichermaßen dem Dichter und Menschen gilt, dem Menschen, dessen schlichte Einfachheit und fleckenlose Reinheit ihren Wiederhall in seinen Gedichten fanden, weil er ihnen das Leben seines eigenen Gemüthes lieh. Aber wie jeder wahre Dichter, so hat sich auch Uhland in seinen Werken, vor Allem aber in seinen poetischen – und von diesen nur kann hier die Rede sein – das beste Denkmal selbst gesetzt, ein Denkmal, das nach 72 Jahren, da 1815 die Gedichte erstmals von ihm gesammelt veröffentlicht wurden, noch immer in unvergleichlicher Frische prangt und den liebenswerthen Dichter in der ganzen Fülle seines zauberischen Reizes zeigt. Und diese Gedichte, mit seinen beiden großen patriotischen Dramen verbunden, bietet die J. G. Cotta’sche Buchhandlung aus so festlicher Veranlassung in einer geschmackvollen Jubiläumsausgabe, die in elegantestem Einband nur 7 Mark kostet. Ein starker Großoktavband, bringt diese Ausgabe in sauberstem, auch für die schwächsten Augen leicht lesbarem Drucke, den eine zierliche Einfassung schmückt, außer den Gedichten und Dramen noch eine biographisch-litterarhistorische Einleitung von berufener Hand, das Portrait des Dichters nach dem Original von Morff aus dem Jahre 1818 und endlich das Gedicht „Die sanften Tage“ in faksimilirter Wiedergabe der Handschrift Uhland’s, welche wir mit freundlicher Erlaubniß der Verlagshandlung auf S. 281 reproduciren. So dürfen wir denn auch bekennen, daß, wer ein bleibendes Erinnerungszeichen an den Dichter, dessen Name in diesen Wochen genannt und gefeiert werden wird, so weit die deutsche Zunge klingt, wer seine Lieder in formvollendeter Ausgabe sich zu eigen machen will, diese Jubiläumsgabe mit besonderer Freude willkommen heißen muß, da sie ihm in Wahrheit goldene Früchte in silberner Schale bietet.

Lichtstrahlen aus Uhland’s Werken. Uhland ist kein sentenzenreicher Dichter; bei ihm überwiegt die Empfindung; aber sie hat oft einen dichterischen Ausdruck in Versen gefunden, die sich dem Gedächtniß des Volkes einprägen. Solche Gedankenverse hat Dr. Adolf Kohut gesammelt in seiner Schrift: „Ludwig Uhland. Lichtstrahlen aus seinen Werken.“ (Dresden und Leipzig. E. Pierson’s Verlag, 1887.) Eine biographische Charakteristik und ein Portrait des Dichters sind der kleinen Sammlung beigefügt. Alle Freunde des Dichters – und wer zählte nicht zu seinen Freunden? – werden sich an dieser köstlichen Auslese aus seinen Dichtungen erfreuen. Und manche werden vielleicht erstaunt sein, daß bei einem so stimmungsvollen Poeten, bei dem die lyrische Schilderung überwiegt, sich ein immerhin so reichhaltiges Schatzkästlein sinn- und bedeutungsvoller Aussprüche findet.

Der Frühling. (Zur Erläuterung des Bildes von W. Kray S. 276 und 277.)

Der Lenz, der durch die Lande zieht,
Hat auf die Flur sein Füllhorn ausgegossen;
Die Jugend und die Schönheit sieht
Ihr eignes sonnenhelles Reich erschlossen.

Da auf der Wiese Stern an Stern
Und Kinder schlingen blühende Guirlanden,
Und wenn die Liebe winkt von fern,
Da haben rasch die Herzen sich verstanden.

Ueber Heilung der Lungenschwindsucht. Wer kennt nicht, wenigstens dem Namen nach, die schlesische Heilanstalt Görbersdorf? Romantisch in den Waldenburger Bergen nicht weit von der böhmischen Grenze gelegen, hat dieser Kurpalast, wie man die großartige Anstalt des Dr. Brehmer nennen könnte, bereits Tausende von Lungenkranken beherbergt, einer sehr großen Zahl vollständige Heilung oder doch wesentliche Linderung verschafft. Davos in Graubünden, Falkenstein im Taunus und andere ähnliche Kuranstalten sind in so fern als Filialen von Görbersdorf zu betrachten, als sie von Assistenzärzten Brehmer’s gegründet wurden, welche, wenn auch mit einzelnen Abweichungen, doch im Ganzen auf Grundlage seiner wissenschaftlichen Lehre ihre Heilmethode aufbauten. Es gab eine Zeit, wo Dr. Brehmer als Charlatan verschrieen wurde, weil er die Heilbarkeit der Lungenschwindsucht verkündete, während diese damals so verketzerte Ansicht jetzt von allen Kathedern gelehrt wird. Von den deutschen Aerzten hat Brehmer die größte klinische Erfahrung und Praxis auf dem Gebiete dieser Krankheit, wo sein Wirken geradezu als ein bahnbrechendes bezeichnet werden kann; er hat mehr als 13 000 Lungenkranke untersucht und behandelt, und während in den städtischen und Universitätskliniken meist nur Patienten aufgenommen werden, bei denen der Krankheitsproceß bereits ein sehr fortgeschrittener ist, hat er bei vielen Tausenden die Krankheit von ihren ersten Stadien an beobachten können und ebenso den Heilproceß, dem ja bei frühzeitiger Behandlung ein günstiges Prognostikon zu stellen ist.

Man durfte gespannt sein, wie sich dieser hervorragende deutsche Lungenarzt zu der neuen überaus wichtigen Entdeckung des Dr. Koch, dem Tuberkelbacillus, stellen würde. Darüber giebt er Auskunft in seiner Schrift „Die Therapie der chronischen Lungenschwindsucht“ (Wiesbaden, Bergmann). Er erkennt den außerordentlichen Werth dieser Entdeckung vollständig an, was das Bestehen der Schwindsucht betrifft; er entläßt keinen als geheilt aus seiner Anstalt, dessen Auswurf nicht gänzlich frei von Bacillen ist; aber für das Entstehen der Lungenschwindsucht durch den Bacillus schränkt er die Bedeutung desselben wesentlich ein: er übt eine scharfe Kritik an den bisher hierüber aufgestellten Theorien und kritisirt eben so scharf die Heilmethoden der neuesten Aerzte, welche die Schwindsucht als eine Infektionskrankheit behandeln. Er stellt ihnen seine auf der klinischen Erfahrung ruhenden Anschauungen gegenüber und verlangt für die Heilung eine geschlossene Kuranstalt unter fortwährender Beaufsichtigung des leitenden Arztes mit über Berg und Thal ausgedehnten Anlagen für die Kurpromenaden und die Lungengymnastik, einen „immunen“ Höhenkurort, eine fettreiche Diät, Weine, besonders Ungarweine; außerdem giebt er Vorschriften für die einzelnen Symptome, Husten, Fieber u. a.

Da Lungenleiden so weit verbreitet sind, wird die hervorragende Schrift eines Fachmannes gewiß die größte Aufmerksamkeit erregen; sie wird auch dazu beitragen, die Gespensterfurcht vor dem allgegenwärtigen Bacillus wesentlich einzuschränken. Brehmer ist ein scharfsinniger Kopf, schlagfertig, gewandt und wissenschaftlich durchgebildet, und da er selbst aus fester Ueberzeugung heraus die Grundsätze seiner durch lange Jahrzehnte hindurch bewährten Praxis verkündet, so weiß er auch die Leser zu überzeugen.

Eine Zeitschrift für deutsche Sprache wird von Professor Dr. Daniel Sanders, einem der ersten deutschen Sprachgelehrten, herausgegeben, der durch seine Wörterbücher, seinen deutschen Sprachschatz und zahlreiche Schriften auf diesem Gebiete seinen hervorragenden Beruf für Förderung der Kunde der deutschen Sprache glänzend dargethan hat. Die neue Zeitschrift (Verlag von J. F. Richter in Hamburg) soll sich an den großen weiten Kreis aller Gebildeten wenden, die von dem Streben erfüllt sind, sich in unserer neuhochdeutschen Schriftsprache mit vollkommener Sicherheit gut, gewandt, rein und richtig auszudrücken. Es sollen darin besonders Fragen behandelt werden, über welche die gewöhnlichen Sprachlehren keine sichere Auskunft geben. Bei noch schwankendem Gebrauche soll das Für und Gegen möglichst eingehend erörtert und sorgfältig gegen einander abgewogen, auch sollen sprachliche Fragen aus dem Kreise der Leser beantwortet werden; ferner will Sanders sprachliche Erläuterungen und Bemerkungen an bestimmte Lese- und Musterstücke aus guten Schriftstellern anknüpfen.

Gewiß wird die Sanders’sche Zeitschrift in weitesten Kreisen Anklang finden; die überzeugenden Lehren eines solchen Sprachmeisters werden eine Sicherheit hervorrufen, welche aus dem klaren Bewußtsein der Gründe hervorgeht. Der deutsche Stil, selbst in vielen angesehenen Zeitungen und Zeitschriften, läßt noch manches zu wünschen übrig; es ist daher kein müßiges Unternehmen, auf die Befestigung einer guten und klaren Ausdrucksweise hinzuarbeiten in einer Zeitschrift, welche sich ausschließlich der deutschen Sprache widmet.




Ketten-Räthsel.

An die Stelle der Kreuzchen sind folgende Buchstaben: 3a, 1c, 4d, 9e, 1g, 2h, 4i, 2k, 3l, 1m, 8n, 1o, 3r, 4s, 4u so zu setzen, daß in der Reihenfolge der Ziffern 1 bis 8 zu lesen ist, im: 1. Ring: ein Held der griechischen Mythe, 2. Ring: ein Zustand, in dem man nicht die Ursache eines Vergehens ist, 3. Ring: eine Bezeichnung für Wappenkunde, 4. Ring: eine Stadt am Genfer See, 5. Ring: ein Gebirge in Frankreich, 6. Ring: ein Land des Alterthums in Afrika, 7. Ring: ein berühmter griechischer Philosoph aus der Zeit Alexander’s des Großen.

Die Buchstaben an den Verknotungspunkten der Ringe nennen einen deutschen Dichter.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

R. P. in Stettin. Der deutsche Officiersverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, verabschiedeten Officieren, die noch arbeitsfähig sind, Anstellung und Beschäftigung zu vermitteln. Jedenfalls eignen sich Officiere a. D. für besondere Vertrauensfunktionen, wie z. B. Kassenverwaltungen, Oberaufsicht über Bureaus oder Arbeitsplätze, Buchführung bei größeren Güterkomplexen oder Fabrikanlagen, Führung und Registrirung von Privatkorrespondenzen, sowie für alle Stellen der Selbstverwaltung. Da Sie für Ihren Güterkomplex einen derartigen Beamten brauchen, so rathen wir Ihnen, sich an den deutschen Officiersverein, Berlin NW., Dorotheenstraße 77–79 zu wenden.

Treue Abonnentin in Lüdenscheid. Vergleichen Sie die Biographie W. Heimburg’s im Jahrgang 1884 der „Gartenlaube“, S. 648.


Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts (Fortsetzung). S. 273. – Ludwig Uhland. Von Rudolf v. Gottschall. S. 278. – Ludwig Uhland im Kerner-Hause. Jugenderinnerungen von Theobald Kerner. S. 279. – Die sanften Tage. Gedicht von Ludwig Uhland. Mit Illustration. S. 281. – Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Schluß). S. 283. – Ludwig Uhland. Portrait. S. 285. – Blätter und Blüthen: Uhland-Häuser in Tübingen. Mit Illustration S. 287. – Uhland als Kind. S. 287. Mit Illustration S. 273. – Uhland’s Gedichte und Dramen in Jubiläumsausgabe. S. 288. – Lichtstrahlen aus Uhland’s Werken. S. 288. – Der Frühling. S. 288. Mit Illustration S. 276 und 277. – Ueber Heilung der Lungenschwindsucht. S. 288. – Eine Zeitschrift für deutsche Sprache. S. 288. – Ketten-Räthsel. S. 288. – Kleiner Briefkasten. S. 288.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_288.jpg&oldid=- (Version vom 4.5.2023)