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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Blätter und Blüthen.


Kurze Rast. (Mit Illustration S. 741.) Heiß sendet die Herbstsonne noch im letzten Aufflackern der Sommersgluth ihre Strahlen auf den steilen Gebirgspfad, den der Bruder Almosenier emporklimmt, um zu den verstreut liegenden Hütten des Sprengels zu gelangen. Wohlgefüllt hängt der Schnappsack an der Seite, manchen schönen Bissen bergend, den ihm die freundlichen Bäuerinnen einverleibt. Jetzt endlich ist die Schenke erreicht; einen Trunk frischen Bieres bringt die hübsche junge Tochter des Wirthes, und mit herzlichem Gruße bietet sie ihn ihr „Wohl bekomm’s“. Da lacht dem wohlbeleibten geistlichen Herrn das Herz im Leibe, und zu dem Brod und Käse erkiest er sich ein saftig Stücklein Schinken, das in der Tiefe des Beutels schon lange seine geheimen Lockungen auf den Appetit des Wanderers ausgeübt. Welch behagliches Schmunzeln zicht über das breite gutmüthige Gesicht - jetzt hat er’s herausgefunden unter den mancherlei schönen Sachen, und gewiß ist’s, daß auch die liebliche Hebe einen anderen, süßen Bissen abbekommen wird aus dem Beutel als greifbaren Dank für die von ihr dargebotene Wegzehrung auf der kurzen Rast.


Frohe Heimkehr. (Mit Illustration S. 745.) Wenn unsere Leser nur einen flüchtigen Blick auf die Gestalt werfen, die wir ihnen in dem ebenbezeichneten Bilde vorführen, so könnten sie glauben, wir wollten ein Musterexemplar des Vagabundenthums zur Schau stellen. Wir freuen uns, ihnen die Versicherung geben zu können, daß sie ein Gegenstück davon, einen recht fleißigen Arbeiter vor sich haben, der mit dem Erfolge seiner Thätigkeit und Sparsamkeit wohlgemuth in die Heimath zurückkehrt.

Aufmerksame Leser der „Gartenlaube“ haben Seinesgleichen bereits bei den italienischen Arbeitern gesehen, die man in Oesterreich und auch in Deutschland gern zur Bewältigung schwerer Erdarbeiten beim Bau von Eisenbahnen und Canälen herbeizieht. Im Jahrg. 1866 (S. 13) sahen wir eine Gruppe italienischer Arbeiter an der Brennerbahn, und 1875 (S. 405) finden wir sie in der Nähe des Haller Sees im Salzburgischen, die wir dort in dem Augenblick „nach der Natur gezeichnet“, wo sie nach vollbrachter Tagesschicht ihre Polenta bereiten und verzehren.

Die große Mehrzahl dieser fleißigen Leute hat ihre Heimath in der venetianisch-lombardischen Ebene und in den Thälern, welche sich zwischen die südlichen Ausläufer der Alpen einschieben. Fast ohne Ausnahme zwingt sie zu ihren Wanderungen auf Arbeit die liebe Noth und der feste Entschluß, in der Fremde sich so viel zu erübrigen, daß sie später in der Heimath entweder ein Häuschen mit etwas Feld sich erschwingen oder einen kleinen Handel begründen können. Und dieses Ziel verfolgen sie mit ebenso viel Klugheit als Selbstbeherrschung, denn namentlich in der Beschränkung ihrer Bedürfnisse stehen sie wohl unübertroffen da. Bei ihrer einfachen Polenta und frischem Wasser sind sie so lebhaft und guter Dinge, als säßen sie beim üppigsten Schmaus.

Beachtenswerth ist auch ihre Anhänglichkeit an die Ihrigen, mit denen sie allenthalben im eifrigsten brieflichen Verkehr stehen. Das Ersparte wird regelmäßig in die Heimath geschickt. Wer aber noch allein steht, bewahrt die Eigenthümlichkeit, die Ersparnisse so oft als thunlich in Gold unzuwandeln und in die Kleidungsstücke einzunähen.

So hält ein Solcher seinen Schatz für am sichersten aufgehoben und weiß genau, wann er am Ziel seiner Wünsche angelangt ist. So ist’s gar nicht unmöglich, daß auch das armselige Gewand unseres Italieners seinen Goldschatz birgt; im Bündel trägt er seine Sonntagskleider und gewiß irgend ein Andenken aus der Fremde, das ihm einen freundlichen Empfang sichert.


Wildermuth’s Jugendgarten. Schon stellen sich die ersten Vorläufer der Weihnachtsliteratur auf dem Büchermarkte ein, und es hat den Anschein, als ob auch in diesem Jahre besonders die liebe Jugend wieder reichlich mit allerhand mehr oder weniger empfehlenswerthen Büchern bedacht werden sollte. Je mehr Derartiges aber erscheint, desto schwieriger wird für besorgte Eltern die Wahl. Ein Buch, welches wir mit gutem Gewissen jedem deutschen, mit Kindern gesegneten Hause empfehlen können, ist der „Wildermuth’sche Jugendgarten“, welchen die Töchter der unvergeßlichen Ottilie Wildermuth, Adelheid Wildermuth und Agnes Willms, treu im Geiste ihrer Mutter fortführen und von welchem sie soeben den neuesten Band in die Welt senden.

Der Inhalt besteht wieder aus trefflichen Erzählungen, Märchen, Sagen, belehrenden Aufsätzen aus dem Gebiete der Geschichte, der Natur- und Völkerkunde, Räthseln etc., welche theils von den Herausgeberinnen selbst, theils von zahlreichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen herrühren, deren Namen sämmtlich einen guten Klang auf den Felde der Jugendschriftstellerei haben: A. Fromm, A. von Holzhausen, Henriette Kühne-Harfort, C. Michael, K. Neumann-Strela, Ernst Lausch, G. Plieninger, S. von Rüts, Richard Roth, W. Quaas, Emma Schöne, Luise Pichler, E. Tafel und viele Andere. Selbst ein Schauspiel für kleine Mimen von H. Binder fehlt nicht. Es ist bei der Auswahl Ricksicht darauf genommen, daß Knaben und Mädchen verschiedener Altersstufen im „Jugendgarten“ eine für sie geeignete Lectüre finden, sodaß sich sämmtliche Kinder des Hauses – mit Ausschluß natürlich der Kleinsten – an dem stattlichen Bande erfreuen können. Derselbe ist durch gelungene Holzschnitte, Ton- und Farbendruckbilder in reichster Anzahl geschmückt, und wir zweifeln sonach nicht, daß er auch in diesem Jahre wieder unter vielen Weihnachtsbäumen freudig begrüßt werden und daß die Einladung, welche die Herausgeberinnen in ihrer poetischen Vorrede an die „Jungen Leser“ richten, keine vergebliche sein wird:

Tretet ein in unsern Garten,
Wohl geebnet ist der Pfad,
Farbenreiche Blumen warten
Dessen, der sich freundlich naht.
Alle wollen gern Euch dienen,
Sammelt draus, Ihr kleinen Bienen,
Frischen Thau und Honigseim
Und für spätre Frucht den Keim!“


Allerlei Kurzweil.

Bilder-Räthsel.


Auflösung des magischen Schlüssels in Nr. 43: Die einzelnen Bestandtheile des Schlüssel-Bartes geben das Wort: THULE.


Kleiner Briefkasten.

L. in Westfalen und K. K. F. Ueber solche Fragen kann nur der Arzt entscheiden, der den Kranken persönlich untersucht hat.

G. S. in E., M. J. in Hamburg, M. G. in Hb., J. v. A. in Graz und C. G. N.: Ungeeignet.


[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht übernommen.]


In unserem Verlage sind jetzt erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

Heimchen.

Gedichte
von
Anton Ohorn.

Elegant gebunden mit Goldschnitt Preis M. 4.-.

Gedichte

von
Albert Traeger.
16. vermehrte Auflage.

Elegant gebunden mit Goldschnitt Preis M. 5.25.


Wir hoffen, den Freunden der Poesie mit Ohorn’s Heimchen eine willkommene Gabe darzureichen, da der Dichter durch seine zahlreichen Veröffentlichungen in der „Gartenlaube“ längst in weiten Kreisen bekannt und beliebt ist. Von Traeger’s Gedichten ist jetzt die sechszehnte vermehrte Auflage erschienen. Es genügt wohl diese einfache Anzeige, um überall Interesse zu erwecken, da Traeger ja seit vielen Jahren ein Lieblingsdichter des deutschen Volkes ist.

Ferner erscheint soeben:

Am Rhein und beim Wein.

Dichtungen von Emil Rittershaus.
Elegant gebunden mit Goldschnitt Preis Mk. 2.50.

Der Dichter des Rheinlandes bietet hier den Freunden einer lebensfrohen Muse eine Reihe von Liedern, die frischen und fröhlichen Rheinlandssinn athmen. Diejenigen derselben, welche bisher in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden, fanden überall ungetheilten Beifall. Alle drei Bücher eignen sich in vorzüglicher Weise zu Festgeschenken für Familie und Haus.

Leipzig, im October 1884.Ernst Keil’s Nachfolger.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 748. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_748.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2024)