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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

wahrheitsliebenden Menschen zu thun und spielte nicht das Wörtchen Eigennutz sowohl bei Gesellschaften wie bei Versicherungsuchenden eine so bedenkliche Rolle, wahrlich, das reine, erhabene Bild der Versorgung der Familie über den Tod hinaus, wie es die Versicherung des Lebens bieten will und soll, zeigte in der Wirklichkeit nicht so manchen häßlichen Fleck.

Gewiß ist es ein niederdrückendes Gefühl, wenn der Agent dem Antragsteller mittheilen muß: dein Antrag ist nicht angenommen worden. Und doch hat auch solche Entscheidung für den Betroffenen eine heilsame Wirkung: er wird vorsichtiger und aufmerksamer auf seine Gesundheit.

Ich will mich zunächst an diejenigen wenden, denen das passirt ist. Statt längerer Auseinandersetzung möchte ich zu ihrer Beruhigung folgende Thatsache mittheilen, die sich vor Kurzem abspielte. In dem vorigen Frühjahr kam nämlich eines Nachmittags auf das Bureau einer Gesellschaft (der alten Leipziger Lebensversicherung) ein stattlicher, wohl aussehender Mann, der sich als Filzhutfabrikant aus einer Stadt des sächsischen Voigtlandes vorstellte. Ohne längere Umschweife erklärte er, daß er bereits vor mehreren Jahren von drei Gesellschaften kurz hintereinander mit seinem Antrage abgewiesen worden sei. Auf näheres Befragen theilte er ferner mit, daß er früher ein langer, schmächtiger junger Mann und als Werkführer in einer bairischen Filzfabrik tätig gewesen sei. Diese Momente hätten jedenfalls die früheren Ablehnungen veranlaßt. Unsere darüber eingezogenen Erkundigungen bestätigten dies vollständig; die von unserem hiesigen Vertrauensarzt vorgenommene Untersuchung führte zu einem durchweg günstigen Resultat, so daß wir den Mann mit einer seinen Verhältnissen entsprechenden Summe in Versicherung nahmen. –

Ich will gleich die Nutzanwendung daraus ziehen. – Je aufrichtiger und offener ein Antragsteller der Gesellschaft entgegentritt, je eher wird er auf eine günstige Entscheidung zu rechnen haben. Merkt dagegen die Gesellschaft, hier will man nicht recht mit der Sprache heraus in Bezug auf überstandene Krankheiten, Krankheiten in der Familie, etwaige frühere Abweisungen bei anderen Gesellschaften etc., so faßt der Entscheidende leicht Verdacht und sieht oft an und für sich unverfängliche Sachen mit Mißtrauen an. Geradezu plump ist es aber zu nennen, eine etwa erlittene frühere Ablehnnug zu verschweigen, da, wie die Erfahrung lehrt, solche Verheimlichungen fast nie unentdeckt bleiben. – Ein zweites Moment, auf welches ich jeden Abgewiesenen aufmerksam machen möchte, ist folgendes. Die meisten Abgewiesenen begehen den Fehler, sofort bei einer zweiten, respective dritten Gesellschaft ihr Heil zu versuchen. Das ist geradezu verkehrt, denn jede folgende Gesellschaft ist durch die Entscheidung ihrer Vorgängerin mehr oder weniger im eigenen Urtheile beeinflußt. – Sind dagegen seit der erfolgten Ablehnung mehrere Jahre in’s Land gegangen, so haben sich oft Umstände, auf Grund deren die erstere geschah, wesentlich anders gestaltet, gewisse Befürchtungen sich nicht erfüllt, so daß jetzt der Fall mit ganz anderen Augen betrachtet werden kann.

So viel über diesen Gegenstand.

Und nun wende ich mich noch an Diejenigen, welche sich durch den Gedanken an eine mögliche Abweisung von der Lebensversicherung fern halten oder aus weibischer Furcht vor einer gründlichen körperlichen Untersuchung zurücktreten. Es ist oft unbegreiflich, unter welchen nichtigen Vorwänden so Viele sich ihrer heiligen Pflicht gegen Frau und Kind zu entziehen suchen und das Eingehen des Versicherungsvertrages hinausschieben, bis es oft zu spät ist. Denen möchte ich mit Fiesco zurufen:

„Seid Männer! Ich bitte Euch.“
Director Dr. Gallus.


Zwei Albums für den Weihnachtstisch. Das Deutsche Künstler-Album (Düsseldorf, Breidenbach und Compagnie), herausgegeben von Ernst Scherenberg, bietet in seinem nunmehrigen neunten Jahrgange neben einer Reihe theils recht ansprechender Bilder in Stich und Farbendruck eine reiche Auswahl von Originalpoesien verschiedensten Genres. Lieder und Balladen. Hymnen und Elegien. Gedichte erzählenden und reflectirenden Inhalts stehen hier in buntem Wechsel neben einander. Zu Lyrikern ersten Ranges wie Emanuel Geibel, Anastasius Grün und Alfred Meißner gesellen sich in diesem Album hervorragende dichterische Capacitäten wie Emil Rittershaus, Friedrich Hofmann und Andere. Unter den jüngeren Talenten sind außer dem Herausgeber selbst unter Anderen durch Beiträge vertreten Albert Moeser, Max Schlierbach und Ernst Ziel, dessen Gedichte, nebenbei bemerkt, leider durch eine Reihe sinnentstellender Druckfehler arg verstümmelt worden.

Neben das Scherenberg’sche Album stellt sich würdig das von Albert Traeger herausgegebene Jahrbuch „Deutsche Kunst in Bild und Lied“ (Leipzig, Klinckhardt), welches nunmehr bereits im achtzehnten Jahrgange vorliegt. Nach der illustrativen Seite hin steht das eben genannte Unternehmen diesmal mindestens auf demselben Niveau wie das Scherenberg’sche; denn wenn die technische Ausführung der Bilder in beiden Albums ziemlich dieselbe Höhe behauptet, so bekundet Traeger’s „Deutsche Kunst“ in der Auswahl der Sujets im Allgemeinen eine glücklichere Hand als das „Künstler-Album“. Was die poetischen Beiträge zu dem von Albert Traeger redigirten Jahrbuche betrifft, so tragen die hervorragendsten unter ihnen meistens dieselben Dichternamen, welche wir bereits oben gelegentlich des Hinweises auf das Scherenberg’sche Sammelwerk hervorgehoben. Das Traeger’sche Album hält an der Tradition fest, jedes Bild durch ein Gedicht zu commentiren, ein Brauch, welcher, wie der gegenwärtige Jahrgang zeigt, gar zu leicht zur äußerlichen Manier verführt und daher besser abgestellt werden dürfte.

Wir begrüßen diese beiden elegant ausgestatteten und in Wort und Bild so reichhaltigen Albums mit dem warmen Wunsche, sie mögen als anmuthige Festgaben in zahlreichen Exemplaren den Weg auf die Weihnachtstische dieses Jahres finden.




Cameradentreue. (Mit Abbildung. Seite 833.) Unter den vielen Beispielen von heldenmüthiger Opferfähigkeit für todbedrohte Kampfgenossen ist das folgende der bildlichen Darstellung werth, welche der Düsseldorfer Künstler Chr. Sell ihm hat zu Theil werden lassen und wir dürfen es zur Jahreserinnerung an den Winterfeldzug von 1870 auf 1871 wohl mitteilen.

Es war auf dem Zuge Manteuffel’s, durch welchen er Werder vor Belfort gegen die dreifache Uebermacht Bourbaki’s zu Hülfe eilte, als zwei Husaren, deren Regimentsnummer der Künstler leider nicht erfahren konnte, als Vorposten einen Waldweg untersuchten. Plötzlich kracht es vor ihnen aus dem Gebüsch. Von Franctireurs angefallen, sprengten Beide mit gespanntem Carabiner gegen diese los, wurden aber mit einer abermaligen Salve begrüßt, welche eine böse Kugel sendete. Sie riß das Pferd des Einen nieder und verwundete ihn selbst. Er lag, keiner Vertheidigung mehr fähig, am Boden. In dieser Noth sprang der Andere rasch vom Roß, und suchte dem Verwundeten in seinen eigenen Sattel zu helfen. Mit unsäglichen Schmerzen und mit Anwendung aller Energie einer tüchtigen Husarennatur kam endlich der wunde Mann zum Festsitzen, während die Chassepotkugeln fortwährend an ihnen vorüberpfiffen. Nur im langsamsten Schritt konnte sich der Reiter vom Kampfplatz entfernen. Jetzt galt es vor Allem, eine Verfolgung desselben durch die Feinde abzuwenden. Seinen Carabiner mit Meisterschaft handhabend, huschte unser Husar von Baum zu Baum und ließ so bald mehr links bald mehr rechts seine Schüsse knallen, und es gelang ihm, den Feind über die Zahl der Gegner zu täuschen. Das Schießen hörte auf; freudig holte der glückliche Sieger den geretteten Cameraden ein, nachdem er ihm den Rückzug so listig gedeckt hatte.





Ein Prachtwerk zur Schmetterlingskunde. Schon einmal haben wir unsere Leser auf ein Werk aufmerksam gemacht, das, obgleich scheinbar nur für einen kleinen Theil des naturwissenschaftlichen Publicums geschrieben, doch in weiten Kreisen gerechtfertigtes Aufsehen erregte. Wir meinen „Die Schmetterlinge Deutschlands und der angrenzenden Länder“ von G. Ramann (Commission von E. Schotte und Comp., Berlin). Jetzt wo das Werk vollendet vorliegt, finden wir einen neuen Grund, nochmals das volle Interesse unserer Leser darauf hinzulenken. Kurz vor Beendigung des Werkes starb der auch anderweit verdiente Verfasser. Wie so mancher andere deutsche Gelehrte hatte er für die Durchführung dieses seines letzten Werkes nicht nur viele Jahre der Arbeit, sondern auch den größten Theil seines Vermögens geopfert. Es ist daher zu wünschen, daß durch recht zahlreichen Absatz des Werkes wenigstens die Hinterbliebenen des Verfassers einigermaßen schadlos gehalten werden. Ueber die Gediegenheit und Vorzüglichkeit der Arbeit ist kein Zweifel, und die Abbildungen übertreffen bedeutend alles in dem Fache Geleistete; auch ladet der verhältnißmäßig billige Preis noch besonders zum Ankauf ein. Der leichtverständliche, populäre Text wird allen Naturfreunden, auch wenn sie nicht Schmetterlingsfänger von Fach sind, eine angenehme Lectüre bieten. die prachtvollen Abbildungen aber machen das Werk zur Zierde jedes Salons.




Für den alten Kolter gingen uns wieder zu: B. Z. in Dresden 5 Mk.; eine Leserin der Gartenlaube in Beuthen, in lebhafter Erinnerung an sehr vergnügte Stunden, die Kolter und seine Gesellschaft im Jahre 1836 ihr bereitet haben, 30 Mk; Director Nagler in Breslau 5 Mk.; aus Brieg 10 Mk., Gebrüder C. und O. P. in Eisleben 5 Mk.; Karl Reinhardt in Dresden 10 Mk., mit den Worten:

„Beim Lesen der „Gartenlaube“-Sammlung für den alten, braven Kolter schlägt mich das Gewissen, denn ich habe mich vor circa fünfzig Jahren auf der „großen Funkenburg“ in Leipzig einige Mal in seine Vorstellungen geschlichen und ihn um das Eintrittsgeld geprellt. Ich bitte die Redaction, ihm dasselbe nebst Zinsen in beiliegendem Zehn-Mark-Stück nebst herzlichem Gruße einzuhändigen.“

Guido Schmidt in Bremen 30 Mk.; gesammelt beim Frühschoppen in der Bierhalle zu Sangerhausen 13 Mk. 50 Pf.; vom Kunstreiter von Borkum, der als Knabe Koller’s Circus, nach beendigten Vorstellungen, zu seiner Ausbildung benutzte, 15 Mk.; Karl Piehler in Roubaix 3 Mk.; L. G.: Meinem ehemaligen Tanzlehrer im Baer’schen Saale zu Halberstadt, 6 Mk.; G. Rosener in Illerbach 4 Mk.; Einer, der Kolter in Waldenburg vom Seile fallen sah, 5 Mk.; Sonnabendsgäste vom Bahnhofe Groß-Schönau 3 Mk.; Sammlung von F. Bakof in Hamburg 42 Mk.; Hans und Otto Fechner in Berlin 3 Mk.; von einem Arzte in Leipzig 15 Mk.; M. E. in Dresden 3 Mk.; Dilettanten-Verein in Lünen, zum Zwecke „wo’s noth thut“, 60 Mk.; H. Leube in Gittelde 1 Mk. 50 Pf.; von einer alten Frau, die in ihrer Jugend Kolter tanzen sah, 8 Mk.; Stadtrath in Zittau, in dankbarer Erinnerung der Hülfe, welche Herr Kolter bei dem am 31. Januar 1821 stattgefundenen Brande der Zittauer Hospitalgebäude zur Rettung der Hospitalkirche leistete, 100 Mk. und die Inspection des Hospitals „St. Jacob“ daselbst noch 50 Mk.

D. Red. d. Grtl.




Kleiner Briefkasten


An die Verzweifelnden. Die fast wörtliche Uebereinstimmung der leider so überaus zahlreichen Anfragen erlaubt bei der Unmöglichkeit der Besprechung im Einzelnen wenigstens folgenden Rath. Zur Beruhigung diene, daß der Hauptsache nach der Zustand auf Einbildung beruht. Sofortiges Beiseitelegen medicinischer Bücher, gute Lectüre, Vermeidung von Spirituosen, Bewegung in frischer Luft werden Sie bei Anwendung kalter Bäder und Waschungen bald wieder in den Kreis gesunder Menschen zurückführen. Ja nicht todtschießen!

A. M. Von Ihrer Einsendung können wir keinen Gebrauch machen und halten das Manuscript zu Ihrer Verfügung.

A. H. A. D. Nr. 1117 in Rußland. Ihre Arbeit ist als nicht verwendbar vernichtet worden.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 844. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_844.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)