Verschiedene: Die Gartenlaube (1874) | |
|
Man nahm ihr das Kind und brachte sie auf die Bergfestung Pignerol, wo sie noch sechsundzwanzig Jahre lebte, wenn man eine Existenz mit so schrecklichen Erinnerungen Leben nennen kann. Als Heinrich der Vierte den Thron Frankreichs bestiegen hatte, verwandte er sich vergeblich für ihre Befreiung. Sein Gesandter d’Ossat schrieb ihm: „Es sitzen zu viele kleine Wölfe am Fuße des Gebirges, die nach ihren Gütern hungern.“
Ihre und Coligny’s Tochter Beatrix ward natürlich katholisch erzogen und später eine sehr beliebte Ehrendame der Herzogin Katharina von Savoyen. Sie vermählte sich am 30. November 1600 mit Claude Antoine Bon Baron von Meruillon und Montauban. Ob sie glücklich gewesen ist unter denen, die ihres Vaters Ermordung und der Mutter schmachvolle Einkerkerung gerecht fanden, ob sie daran gedacht hat, welche Thränen die einsame Gefangene zu Pignerol um sie vergoß – wer weiß es! Bekannter ist das Schicksal ihrer Halbschwester Louise, Coligny’s Tochter aus erster Ehe, die ihren Gemahl, den liebenswürdigen Taligny, ebenfalls in der Bartholomäusnacht verlor. Sie vermählte sich wieder, mit dem Prinzen von Oranien, dem Hort der Evangelischen, und wurde zum zweiten Male durch den von Philipp dem Zweiten von Spanien gesandten Mörder zur Wittwe. Durch ihre Enkeltochter Henriette, die Gemahlin des großen Kurfürsten, ist sie die Stammmutter des jetzigen preußischen Kaiserhauses geworden. Ein im Besitze des Grafen zur Lippe auf Baruth in der Oberlausitz befindliches altes Stammbuch zeigt ihre Gesinnung durch die von ihr eingetragenen Worte: „Le seigneur est ma lumière et ma délivrance. Que puis-je redouter?“ (Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Ps. 27,1.)
Die Geschichte von der Schwiegermutter.
Deutsche Romanze.
Es war einmal ein Junggesell,
Der hieß mit Namen Michael,
Vom Stamm der Nibelungen;
Der hat mit seinem Hünenschwert
Und allesammt bezwungen.
Doch als die Zeit zum Freien kam,
Da ward der wilde Kämpe zahm
Und lernte knie’n und beten;
Der hat er’s gerne zugesagt,
Mit ihr in Bund zu treten.
Frau Roma sah den Freier gern;
Sie freute sich, den mächt’gen Herrn
„So zieht in Frieden!“ sprach sie mild,
„Und wenn’s einmal zu helfen gilt,
Besuch’ ich euch in Schwaben.“
Als so der Bund geschlossen war
Glücksel’ge Flitterwochen;
Ecclesia war zufrieden sehr
Und dacht’ auch des Besuchs nicht mehr,
Den ihr Mama versprochen.
War auch die Schwiegermutter da
Und bat sich selbst zu Gaste;
Sie wollte doch dem Töchterlein
Mit gutem Rath behülflich sein,
Je nun, gepaßt hat’s immer noch,
Doch sprach Frau Roma gleich vom Joch
Und brachte mit Gestichel
Und list’gem Wort der Tochter bei,
Und nicht der dumme Michel.
Der Michel liebte seine Frau,
Drum nahm er’s nicht so gar genau
Und ließ ihr gern den Willen;
Ging ihr Begehr in’s Uebermaß
Und war nicht mehr zu stillen.
Nun kam die bitterböse Zeit;
Tagtäglich gab es Zank und Streit –
Nichts, was er wollte, war ihr recht;
Sie war der Herr und er der Knecht,
Der nur gehorchen sollte.
Da ward’s dem Mann denn doch zu bunt.
Sein Leid dem Doctor Luther;
Der sprach: „Nicht länger gieb’ Geduld!
An allem Zwist und Hader schuld
Ist nur die Schwiegermutter.“
Er schön an: so was ließ Madam
Vom Michel sich nicht bieten.
Sie schrie: „Nun bleib’ ich grade hier
Und nehm’ als Wächter in’s Quartier
Nun war erst gar der Teufel los;
Von Worten kam’s zu Hieb und Stoß,
Bis Tisch’ und Stühle schwankten,
Und schließlich schlugen Mann und Frau
Daß beide schwer erkrankten.
Was Wunder, daß bei solchem Ding
Die Wirthschaft schier zu Grunde ging,
Zur Schmach für Land und Leute.
Ich schlag an Euch dies Erbe los,
Ich schenk’ es Euch als Beute.“
Als das Herr Michael vernahm,
Da überkam ihn bitt’re Scham;
„Da schlag’ ein Donnerwetter drein!
Ich will der Herr im Hause sein.
Hinaus, du wälsches Wesen!“
Hei! Wie das auseinanderstob,
Sammt ihrer Leibcurrende!
Und durch die Lande klang es hell:
„Hie Schwert des Herrn und Michael!
Nun hat die Schmach ein Ende.“
Als sei’s nun auch mit ihr vorbei,
Doch anders ward’s entschieden:
Sie respectirte wieder gern
In Michael des Hauses Herrn
Er hielt, vom Schwiegermutterbann
Befreit, als wack’rer Ehemann
Sein treues Weib in Ehren
Und ließ in ernsten Stunden auch
Sich gern von ihr belehren.
So gingen beide Hand in Hand;
Gesegnet war ihr Ehestand,
Ein Muster für die Leute,
Und wenn sie nicht gestorben sind,
So leben sie noch heute.
Hermann Grieben.
Zur Beachtung. Alle unsere Leser, welche sich speciell für schöne Literatur, Kunst und die Erzeugnisse des Büchermarktes überhaupt interessiren und sich in übersichtlicher und dabei angenehmer Weise über die literarischen Neuigkeiten unterrichten wollen, machen wir auf den der heutigen Nummer beiliegenden Prospect der „Europa“ aufmerksam.
K. L. in O. Der Verfasser des Gedichts: „Wir grüßen Euch, Ihr Todten“, heißt Ewald Hensel.
gingen wieder ein: Von der Frau eines Thüringers 6 Thlr. 20 Ngr. (20 Markstück); Sammlung des Gastwirths C. Wolf in Borsigwerk 36 Thlr. 11 Ngr.; N. N. in Herford 1 Thlr.; Amalie Quellmalz in Oberfüßen 1 Thlr.; Ertrag eines Concerts zum Besten der Meininger im Gasthofe „Zur Post“ in Groß-Schönau 16 Thlr.; Beitrag der Gesellschaft „Cerevisia“ in Neugersdorf 15 Thlr.; von einem Bauer aus Teuchern, der kein Kopfhänger ist, 5 Thlr.; Präuscher, Besitzer des Anatomischen Theaters 20 Thlr.; Bergmann in Frankenstein 1 Thlr.; gesammelt im allgemeinen Taubstummenvereine in Leipzig 4 Thlr. 10 Ngr.; L. in B. 1 Thlr.; gesammelt im Abendvereine zu Eibau, durch Cantor Tietze 8 Thlr.; gesammelt in der Untertertia der Realschule in Bremen, durch den Ordinarius Dr. L. 8 Thlr. 10 Ngr.; H. B. in Schönlanke 15 Ngr.; J. u. O. N. in Güstrow 2 Thlr.; gesammelt auf einem Balle des Clubs „Fidel“ in Hannover 4 Thlr.; A. u. M. aus Oesterreich 10 fl.; Gesangverein in Möckern 14 Thlr.; Ger. und Mel. 10 Thlr.; N. N. 10 Thlr.; L. Cohn in Berlin 5 Thlr.; E. P. in Bitterfeld 5 Thlr. mit dem Motto:
Deutsche, höret nicht auf Siegl!
Finsterniß war stets sein Spieg’l.
Preußen, Baiern, Schwaben Sachsen,
Lasset uns’re Gaben wachsen!
Jeder Thaler, den wir spenden,
Macht um einen Freund ihn ärmer,
Und als eitler Narr und Schwärmer
Wird Herr Siegl endlich enden.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 654. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_654.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)