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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

die Festung Königgrätz und blickte hinauf nach der weit und breit umher gesehenen Kirche des Dorfes Chlum, dieses neuen Reimes zu „Ruhm“, wie Fontane sang. Auf dem Wege hinauf ragten noch

Sächsisches Denkmal bei Problus.

Anzeichen der Verheerungen des mörderischen Kampfes zwischen heiteren Linden und Obstbäumen hervor, zerrissene Zäune, zerschmetterte Aeste, Bruchstücke von Geschützkugeln etc., aber die meisten Gräber waren entweder von der Natur grün oder von dankbaren Menschen mit Blumen oder einfachen schwarzen Brettern geschmückt worden und ragten wie neues Leben aus den üppigen Weizenfeldern hervor. Oben von der Höhe sah ich Königgrätz mit seinen sieben Thürmen, vergoldet von der sinkenden Sonne, heraufglänzen. Ueber den Kirchhof von

Ansicht des Schlachtfeldes mit Sadowa von den Schanzen bei Chlum aus gesehen, den 3. Juli 1867.

Chlum hinweg begab ich mich nach den Schanzen, von welchen ich voriges Jahr am Vormittage des vierten Juli über die zerstampften und mit Leichen bedeckten Gefilde des Schlachtfeldes geblickt hatte. Wie anders sahen sie heute aus! Auf der Abdachung

Gräber der preußischen Officiere v. Puttlitz und v. Pannewitz an der Chaussee von Sadowa.

nach Lipa zu erhob sich das würdige österreichische Denkmal von Sandstein, einer offenen, mit Nadelhölzern umgrünten Tribüne gegenüber, rings herum Tische, Bänke, fröhliche Arbeiter und Mädchen, Kränze und Guirlanden windend. Von der Chaussee

Sächsisches Denkmal auf dem Berge vor Gitschin.

herauf ein buntes Gewimmel von festlich geschmückten Landleuten, Musikanten, Straßen-Komödianten und Bettlern, welche jetzt in Böhmen jeder Festlichkeit eine eigenthümliche Färbung verleihen. Ich drängte mich durch bis zum Wirthshause zum blauen Stern, am Ende von Lipa oberhalb der berüchtigten Ziegelei, wo voriges Jahr die furchtbare Musik der Amputationssäge und das Wimmern der Verwundeten die Lüfte durchdrangen. Und heute jubelten Tanzmusik, jauchzende Volksmassen, Leierkasten, Pauken, Trompeten und Harfen, die mir es lange unmöglich machten, meine Nachtruhe zu finden. Am folgenden Morgen besuchte ich trotz des plätschernden Regens die Ziegelei, voriges Jahr um die Zeit ein rauchender Schutthaufen, heute wieder erbaut

Gräber im Kornfelde auf der Höhe hinter der Kirche zu Chlum den 3. Juli 1867.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 748. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_748.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2017)