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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

„Frauenschmuck“ (Broche im Werthe von 5 Thalern) sandte „ein Deutscher in Sachsen“ (aus der Gegend von Meerane) mir 20 Thaler ein, und zwar mit folgender Bemerkung: „Fällt mir das Object zu, so ermächtige ich Sie, den Schmuck einer zweiten Versteigerung zu unterwerfen, die hoffentlich ein günstigeres Ergebniß liefern wird. Beiliegende 20 Thaler aber ersuche ich Sie, wenn mir der Schmuck nicht zufallen sollte, gleichfalls der Fr. Herzogin Adelheid v. Schl.-H. als eine meinen jetzigen Vermögensverhältnissen entsprechende Unterstützung zu dem edlen Unternehmen zugehen zu lassen.“

Dieser brave Mann ist bereits überboten durch „einen Freund der heiligen Sache des verlassenen Bruderstammes“ in St. Petersburg, welcher für den Schmuck[1] 25 Thaler bietet.

Auf den Altar des Vaterlandes sind von edlen Frauen folgende neue Gaben niedergelegt:

1) ein reiches Armband von Granaten, gesendet aus Oberammersee und begleitet von folgender Zuschrift: „Ein so gutes Vorbild – wie es die letzte Nummer (Nr. 5) Ihres geehrten Blattes brachte – verdient der Nachahmung. Verwerthen Sie auch dieses Armband zum Besten unserer nothleidenden deutschen Brüder und nehmen Sie den Dank dafür von einer Bewohnerin der Ammerseegegend.“

2) Eine goldene Broche mit Granaten;

3) ein goldenes Medaillon;

4) ein goldener Ring mit Rosette,
alle drei Werthstücke in einem Schächtelchen aus Holzminden abgeschickt und von folgenden Worten begleitet: „Herrn E. Keil ersuche ich, Beifolgendes für die bedrängten Schleswig-Holsteiner zu verwenden, mit dem Wunsche, daß das arme Volk endlich zu seinem Rechte komme.“

5) Eine goldene Broche;

6) ein Paar goldene Ohrgehänge;

7) ein goldener Ring mit Türkisen,
in einem Schächtelchen aus Schleiz gesandt mit folgenden Worten auf einem Zettelchen: „Für die armen, unglücklichen Schleswig-Holsteiner ein Scherflein, wenig, aber mit herzlicher Liebe.“

8) Eine kleine silberne, inwendig vergoldete Dose –, inliegend drei österr. Guldenstücke, mit der Zuschrift: „Auch ein Scherflein für die armen, verlassenen Brüder in Schleswig, von einer Ungenannten in Jena“;

9) ein gestickter echter Batistkragen, Werth: 3–4 Thaler, eingesandt aus Braunschweig und begleitet von einem Briefe, den wir in einer der nächsten Nummern abdrucken werden, da er in weitesten Kreisen bekannt zu werden verdient.

Neun Gaben fordern abermals zur möglichst hohen Verwerthung auf. Werden sich auch für diese so ehrende Angebote finden, wie der erste „Frauenschmuck“ sie hervorgerufen? Oder werde ich zum einfachen Verkaufe dieser Gegenstände schreiten müssen? Ich kann es mir nicht versagen, auf das Erstere zu hoffen, und werde diese neun Gaben wenigstens nicht eher durch Kauf verwerthen, als bis ich meine Hoffnung getäuscht sehen muß. Davor aber wird die Liebe zum Vaterlande und die Achtung vor den Frauen, die jeden edlen Mann erfüllen, mich sicherlich bewahren!      E. Keil.




Nur eine Bauersfrau. Auf dem Comptoir der Herren L. und K. in Hamburg erschien eine ärmlich gekleidete Bäuerin aus dem Holsteinschen und erkundigte sich, ob daselbst Beiträge entgegen genommen würden für Schleswig-Holstein. Da man glaubte, daß sie vielleicht Charpie, Leinen etc. für die Lazarethe abliefern wolle, wies man sie an einen Tisch, auf welchem dergleichen Sachen bereits ausgebreitet lagen. Sie zog indeß einen alten Geldbeutel hervor und fing ohne Weiteres auf dem Comptoirtisch an laut zu zählen: „een Mark, twee Mark, dree Mark.“ – Auf die Frage, von wem das Geld sei – antwortete sie kurz: „von mi,“ und zählte weiter: „veer Mark, fief Mark, sös Mark“ – bis mit den Worten : „dat weern nu tein Mark“ – sie den kleinen Haufen Vier- und Zwölfschillingsstücke zusammenschob und dann wieder anfing: „een Mark, twee Mark, dree Mark“ – und auf die wiederholte Frage: von wem nun diese Summe sei, wieder antwortete: „von mi.“ So waren nach und nach mit dem letzten Vierschillingsstücke zehn Haufen von je zehn Mark entstanden, welche die Bäuerin dann noch einmal überzählend zusammenschob und mit den Worten: „da weern denn de hundert Mark full – sien Se so gut“ übergab, worauf sie sich entfernen wollte.

Die so ärmliche Kleidung der Bäuerin veranlaßte Einen der Gegenwärtigen zu der Frage: ob sie das Geld allein in ihrem Dorfe gesammelt habe? worauf sie wieder antwortete: „Ne, dat is von mi!“ Sie mußte indeß wohl den Blicken der Personen, welche sich allmählich um diese Scene versammelt hatten, ansehen, daß man diese Summe mit ihrer eignen äußern Erscheinung verglich. Ohne irgendwie sich beleidigt zu fühlen, antwortete sie auf diese Blicke mit treuherziger Miene: „Dat is Allens ehrlich Geld, keen Sösling[2] is up unrechte Wiis datwischen kaam; gewiß, ich will nich de reine Saak verdarben, Se köhnt et darum getrost annehmen.“

Einer der Anwesenden sprach in herzlicher Weise ihr zu, daß gewiß Jeder von solchen Gedanken ferne sei; doch da sie selbst gewiß manchmal irdische Sorge zu tragen habe und viele Entbehrungen, so sei es um so mehr zu verwundern, daß sie eine solche Summe abgebe, die doch wohl ihr ganzes Vermögen sei, und man wisse nicht, ob man recht daran thue, das Geld von ihr anzunehmen.

Die Bäuerin schwieg einen Augenblick still, als besänne sie sich, ob sie ein Weiteres antworten solle, dann sah sie die Umstehenden der Reihe nach an und sagte: „et geiht ja Keenen wat an, up welke Wiis dat Geld tosamen kaam is; ick dach ock, dat ick mien Gedanken bi mi beholen wull, wat mi dör’t Hart[3]gahn is, wenn ick so een Stück Geld naht andre bi Sied leggt hev, doch de Herrn sünd ja so fründlich gegen de ohle Fru un nehmt sik ja ok de Möh vor uns Saak, un hevt Mohd[4] sör uns Saak, da will ick Se denn kort vertellen. Ja, ick hev mennig Sorg up mien Hart dragen, un is ok Mennig Dag weßt, wo et recht knapp herging, un dat warrt noch mehr kaam, wenn man öller warrt; doch dat Allens kummt von unse Herr Gott un he hett et mi ock drägen helpen un warrt mi nich verlaten, so dat ick doch mien Freid beholen kann an dat, wat ick in de sware Stund mi utdacht hev. Mien Mann is all veele veele Jahre dood; ick har en eenzigen Söhn un mien Johann frei sick up de Tid,[5] wo he sien Mudder up ehr Öller plegen kun; he wurr en kräftigen Burssen un de Welt stund em apen, un leert har he sien Saak ock; avers he wull doch sien Mudder nich verlaten.

Da keem de Kriegstid mit de Dänen. Na dat Gesetz is ja de eenzige Söhn von en Weetfru (Wittwe) fri von Soldatenwarrn – so blev he denn ok to Huus un keen Minsch säh to em: „Kumm mit!“ se wußen, wo swar et em wurr, dat he nich mittrecken[6] kunn, un se wulln em dat Hart nich noch swarer maken. Ich hev et wull markt wi et em dat Hart affreet,[7] wenn he so vertelln hör von den Krieg un wenn et em keen Ruh leet, dat he de Assisen (Zeitung) kreeg in de Stadt, oder bien Schoolmeister; aber he säh nix to mi un ick säh nix to em. Herr Gott! wer dach denn ock daran, dat dat en so lange trurige Geschichte warrn schull; – man meen doch nich, dat et so swar warrn schull, sik gegen dat Unrecht to wehrn! Da keem de Nahricht von Friederiz. Dat wär en schreckliche Abend! Wi seeten still eenander gegenöber, en jeder wuß wull, wat in den Andern sien Hart vörgüng. Da stun he up, as wenn he sick en Hart faten wull un säh: „„Mudder – –““ Gott si Dank, dat ick de Kraft harr in den Ogenblick em entgegen to kaam: „„Johann –““ säh ick, ,„,uns Tid is kamen, gah mit Gott! ick hev et lang markt, wat Du denkst, Du hest mi leev, un Gott weet, wat ut mi warrt, wenn ick alleen sien schall; abers uns Herr Christus hett et ja to uns Beid seggt: wi schöllt dat Recht mehr leev hebben, as Vadder un Mudder, un he wart mi un Di nich verlaten!““ Da wär et denn beslaten: Johann wull sick friwillig stelln. De Dag to Afreis kehm: – wat schall ick lang davon vertelln ? Johann säh: „„Mudder! noch een Beed[8] ton Afscheed – wenn et sien schull - -““ Ick säh to em: „„Johann, ick weet, wat Du meenst, – o, ick warr veel, veel weenen, wenn ick alleen bin, bit mien Tid kummt, abers uns Herr Gott warrt mi Kraft geben, dat et mi nümmers leed dohn schall um de Stund, wo wi seggt hevt: et mut sien! – un wenn wi wedder bi eenander sünd an uns Herr Gott sien Dag, un wenn dat Land fri is, dann warrt wi uns frein, dat wi ok uns Deel daran hevvt.““

Der Alten traten noch einmal die hellen Thränen in die Augen, als sie danach fortfuhr: „O Gott, ick dach doch damals nich, dat et mi so swar warrn schull; de Minsch hööpt doch ümmer, wenn he ok meent, dat he nich hööpen will. Doch (und die Alte richtete sich höher auf), gewüß u warraftig, et hett mi nümmers leed dahn, dat ick em trecken leet; abers schrecklicher doch noch, as de Dag von Idstedt, wär mi de Dag, as et bekannt wurr, dat de Düütschen dat Land mit all unse Doden an de Dänen verraden harrn! Da schreeg ich luut upp: Herr, Gott – wo is dat möglich! Da wurr wull seggt: se müssen et dohn, de Düütschen, so leed et se ok währ – dat verstah ick nich, ick denk ümmer man mutt nich Unrecht dohn. Un so dach ick: et ward doch mal anners, unse leeve Herr Gott kummt wull mal datwischen, un denn warrt de Düütschen nich denken, dat se dat Land mit de olen un nüen Doden werder an de Dänen verraden möht. So hev ick beed,[9] dat unse Herr Gott mi blot den Dag erleven laten wull. Ich harr keen Söhn mehr för den Dag, abers watt ich dohn kunn, dat wull ick dohn. Et is mi wull mennigmal swar wurrn, up de Week[10] veer Schilling torügtoleggen; doch, Gott sie Dank, as an de hillig Abend (Weihnachtsabend) ick dat Geld telln deh, da wurr mi doch so leev umt Hart, as in fröhern Tiden, wenn Mudder föhr ehrn Söhn en kleene Freid utdacht har; sien Grav schull fri warrn un sien Hart fröhlich, wiel dat Land nu fri warrt, denn se sähn ja: dat geiht werder los – uns Herr Gott hett uns Beed erhört un hett so apenbar Allens tom Besten föhrt.“ Damit wollte die Frau sich entfernen. Die innere Bewegung der Umstehenden hatte bis dahin jede Unterbrechung zurückgehalten. Die letzte Aeußerung der Frau nur machte, daß Einer der Anwesenden zu einem Andern sagte: „Die Arme! wenn sie nun vielleicht doch wieder in ihrem Glauben getäuscht wird!“ Da kehrte die Bäuerin noch einmal um, sah die Umstehenden an, als suche sie den, der solches geäußert, und sagte: „Ick weet wull, et ward davon munkelt, dat nich mehr Allens so in Ordnung is, as et sien scholl; abers dat nümmt mi doch nich mien Gloven. Minschen köhnt doch nix gegen unse Herr Gott, lat uns man tosammen holen, ick – fang hüüt all werder an to sammeln!“

Ihren Namen wollte die Frau nicht nennen; sie meinte, sie sei ja nur Eine von Vielen.




Zur Nachricht. Soeben gehen die ersten Zeichnungen unsers Specialartisten in Schleswig ein, die wir sofort dem Holzschneider übergeben, um sie unsern Lesern in thunlichster Kürze vorzuführen. Ebenso ist bereits ein anderer tüchtiger Künstler, der Historienmaler Otto Günther in Weimar, für uns nach den Orten des Kampfes unterwegs. Wenn wir nicht schon früher Illustrationen vom Kriegsschauplatze gebracht haben, so hatte dies lediglich seinen Grund in der Gewissenhaftigkeit, mit welcher wir auch hierbei zu Werke gegangen sind. Wir wollten nur Gutes und Authentisches, namentlich aber die Localitäten in treuer Wiedergabe bieten, die durch den gegenwärtigen Krieg eine Bedeutung erhalten haben, nicht aber Darstellungen und Compositionen, bei denen die lebhafte Phantasie des Künstlers das Wesentlichste gethan hat. Unsere Leser werden uns sicher diese scrupulöse Sorgfalt nur Dank wissen und dürfen darauf rechnen, daß uns dasselbe Motiv auch bei der Auswahl unserer ferneren Abbildungen vom Kriegsschauplatze leiten wird.


  1. Derselbe kam mir nicht, wie eine briefliche Zuschrift dies ausspricht, von „einer deutschen Jungfrau“ in Leipzig zu, sondern das Postzeichen des Packetes zeigt auf Treuen i. V. als Absendepunkt hin.
  2. Sösling = Sechsling = 1/2 Schilling
  3. Hart = Herz
  4. Mohd = Muth
  5. Tid = Zeit
  6. mittrecken = mitziehen
  7. affreet = abfraß - wie es ihm am Herzen nagte
  8. Beed = Bitte
  9. beed = gebetet
  10. Week = Woche
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_160.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)