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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Blätter und Blüthen.


Beitrag zu der Geschichte des „Wohlgeboren“ etc. Einer so lächerlichen Sitte, wie der in Nr. 46 der Gartenlaube von Fr. Gerstäcker angegriffenen des „Wohl-“ und „Hochwohlgeboren“, ist meines Erachtens am besten beizukommen, wenn sie in ihrer extremsten Erscheinung dargestellt wird. Es ist überflüssig, zu diesem Zwecke zu erdichten. Denn eine groteskere Verwendung der in Rede stehenden Höflichkeitsschnörkel, als deren in früherer Zeit thatsächlich in allem Ernste gemacht worden, läßt sich wohl kaum im Scherze erfinden. Nur ein Beispiel: Dr. E. von Lohenstein leitete seine bei dem Leichenbegängniß des „weiland Hoch-Edelgebornen, Gestrengen und Hochbenamten Herrn Christians von Hoffmannswaldau“, des bekannten schlesischen Dichters, gehaltene „Lobrede“ mit folgender Ansprache an die Trauerversammlung ein:

„Hochgeborner Graf, des heil. römischen Reichs Semper-Frey, hoch- und wohlgeborne Freiherren, hochedelgeborene, wohledle, gestrenge, hochbenamte, hochgelahrte, gnädige und hochgeehrte Herren; wie auch hochgeborenes, hoch- und wohlgeborenes, hochedelgeborenes, wohledles, hoch-, ehr- und tugendreiches, gnädiges und hochgeehrtes Frauenzimmer!“ Und dieser Unsinn wurde gesprochen!

Uebrigens sind die Prätensionen der einzelnen Stände auf die Zusätze „wohl“, „hochwohl“, und „hoch- und wohl“ mit der Zeit gestiegen. Ich habe ein vom Kaiser Karl VI. ausgestelltes Freiherrndiplom gesehen, worin dem Empfänger u. A. eröffnet wird, daß sich „fortan jedermänniglich gegen ihn des Prädicats Wohlgeboren zu bedienen habe.“

H. S.




Literarische Notizen. Des alten Turnvaters Jahn Selbstvertheidigung, auf der Festung Colberg im 5. Jahre seiner Haft (1824) geschrieben, existirt bekanntlich nur in zwei Exemplaren, wovon das eine sich in den Händen der preußischen Regierung befindet. Das zweite Exemplar, von Jahn eigenhändig mit einer Einleitung versehen, war längere Zeit verschwunden, und ist erst vor einigen Monaten durch die Anständigkeit eines deutschen Buchhändlers wieder in den Besitz der Wittwe des Alten im Barte gelangt. Der Verleger der Gartenlaube hat das interessante Manuscript an sich gekauft und wird es der Öffentlichkeit übergeben. Wir hoffen unsern Lesern noch vor der Ausgabe des Buches einige interessante Bruchstücke mittheilen zu können. – Von Schmidt-Weißenfels, unserm verehrten Mitarbeiter, sind in Breslau unter dem Titel: „Preußische Landtagsmänner, Beiträge zur Partei- und parlamentarischen Geschichte Preußens,“ Charakteristiken der hervorragendsten Mitglieder der preußischen Fortschrittspartei, der Liberalen und der Katholiken erschienen. Unsere Leser kennen die elegante und schwungvolle Darstellungsweise des Verfassers aus Beiträgen der Gartenlaube zu genau, als daß wir noch etwas zum Lobe des Buches hinzuzufügen hätten. – Von Otto Müller, dem vielgenannten Autor der „Charlotte Ackermann“, des „Tannenschützen“, „Stadtschultheiß von Frankfurt“ etc., ist so eben ein neuer zweibändiger Roman: „Eckhof und seine Schüler“ versandt worden. Wir kommen auf das interessante Buch später noch zurück.




Theodor Oelckers, dessen Uebersiedelung nach Brasilien wir im Laufe des vorigen Herbstes unsern Lesern mittheilten, ist Mitte August von Porto Alegre, wo er bekanntlich eine deutsche Zeitung redigirte, wieder zu Schiffe gegangen und vor einigen Tagen nach 75tagiger Fahrt in England (Falmouth) gelandet. Gesundheitsrücksichten zwangen ihn, seine dortige vortheilhafte Stellung aufzugeben. Ob er nach Sachsen zurückkehren und dableiben wird, ist noch unbestimmt.



Die Expedition zur Aufsuchung Dr. Ed. Vogel’s in Afrika. Seit wir den Aufsatz über Herrn Moritz von Beurmann in der Gartenlaube Nr. 43 gegeben, hat sich manches im Stand der deutschen Expedition geändert. Die Herren Munzinger und Kinzelbach haben von dem Beherrscher von Dar-Fur nicht die Erlaubniß erhalten, sein Land frei und ungefährdet zu durchreisen, und trotz der durch Munzinger in El-Obed eingezogenen Nachrichten, die den Tod Dr. Vogel’s so wahrscheinlich darstellten, treten immer wieder die alten Behauptungen von der Gefangenschaft des Reisenden in Wara oder Wadai auf. Munzinger und Kinzelbach sind, ohne etwas erreicht zu haben, zurückgegangen, und einer der Reisenden hatte schon vor mehreren Wochen seine Heimath Stuttgart erreicht.

Die ganze Hoffnung beruht nun noch auf Herrn von Beurmann. Englische Blätter brachten vor einiger Zeit das Gerücht: Herr v. Beurmann sei auf seiner Reise von Mursuk nach Bornu ausgeraubt, wenn nicht ermordet. Uns scheint diese Nachricht nicht glaubwürdig. Es sind aber Schritte gethan, um weitere Aufschlüsse über die Entstehung des Gerüchts zu erhalten.

Für die Fortsetzung der Expedition des Herrn von Beurmann gingen ein: von Freiherrn von Biedermann 2 Thlr., von Freiherrn von Teubner in Dresden 5 Thlr, P. N. S. F. (mit Poststempel: Waltershausen) 5 Thlr, W. von Hoenika aus Twer in Rußland 15 Thlr., F. A. N. 5 Thlr. Summa 32 Thlr.

Leipzig, den 18. November 1862.

Dr. Henry Lange.




Literarische Freibeuterei, oder eine Gutknechtiade in zweiter Ausgabe. Ein liberaler Luzerner schreibt uns: „Die jesuitenfreundliche „Schwyzer Zeitung“, eines jener reactionären Blätter, welche, bekannt durch ihre Schwärmereien für das bourbonisch-papistische Brigantenthum, zur Schande der freien Schweiz noch bestehen, beginnt in ihrem Feuilleton vom 4. November mit einer oberbairischen Geschichte von Hermann Schmid, welche in der Gartenlaube unter dem Titel „Blut um Blut“ unlängst erschienen ist; sie entblödet sich dabei nicht, dieselbe kurzweg „Am Schauerkreuz“ zu taufen und Herrn Herm. Schmid quasi als ihren Mitarbeiter dem Publicum vorzustellen, eine Ehre, nach welcher der geistvolle Feuilletonist schwerlich geizt. – – Das Drollige bei der ganzen Geschichte ist nur, daß die ultramontanen Skripsler, während sie die „Gartenlaube“ bei jedem Anlaß als „Organ der Ketzer“ verschreien und begeifern, nichtsdestoweniger mit den geistigen Producten derselben Geschäfte zu machen nicht erröthen. Diese frommen Heuchler trachten wahrscheinlich nur aus dem Grunde darnach, die „guten“ Katholiken von der „Gartenlaube“ fern zu halten, damit sie um so ungenirter stehlen und ihren Lesern das Gestohlene als eigenes Fabrikat auftischen können!“ – Die betreffende Nummer (Nr. 253) der Schwyzer Zeitung liegt vor uns, die auf S. 1006 beginnende Erzählung „Am Schauerkreuz“ ist der wörtliche Abdruck der „oberbaierischen Geschichte: Blut um Blut“ von H. Schmid. Wir haben somit, da die schweizerische Rechtspflege gegen solche Eingriffe in unser Eigenthum uns nicht schützt, weiter nichts zu thun, als abermals den Pranger aufzurichten und die Herren A. Eberle und Söhne in Schwyz als literarische Diebe denselben besteigen zu lassen.

Die Red. d. Gartenlaube.




Für Wilhelm Bauer’s „Deutsches Taucherwerk“

sind ferner (bis zum 23. November) eingegangen: 32 Thlr. 7 Ngr. gesammelt bei der von der Rettungscompagnie in Leipzig am 22. November veranstalteten geselligen Zusammenkunft der Feuerwehren von Leipzig und nächster Umgegend; – 22 Thlr. 8 Sgr. dritte Sendung der von der Expedition der Volkszeitung in Berlin veranstalteten Sammlung; – 2 Thlr. von Heinr. Lorentz, Gutsbes. in Schaderwitz bei Falkenberg in O./S.; 2 Thlr., ges. im Büchner’schen Locale zu Rudolstadt von einer kleinen gemüthlichen Gesellschaft junger Leute; – 76 Thlr. 5 Ngr. gesammelt auf dem Polytechnikum in Karlsruhe (Gesellschaft Wurstonia 14 fl. 15 Xr. rhn. – R. Rittner 2 fl. – Alb. Hirsch 1 fl. – Sigm. Kohn 1 fl. 24 Xr. – Gabelsberger Stenographen 5 fl. 18 Xr. – R. Lieben 1 fl. – Mehrere Polytechniker 5 fl. 18 Xr. – Burschenschaft Teutonia 30 fl. – Bei einer Allgemeinen Comment-Kneipe 26 fl. 49 Xr. – Dritter Ingenieur-Curs 20 fl. – Gesellschaft Hansa 10 fl. – Dritter Bau-Curs 1 fl. – Ueberschuß vom Fackelzug 16 fl. 10 Xr., Unkosten 2 fl., Summa 133 fl. 20 Xr. = 76 Thlr. 5 Ngr.), übermittelt durch Buchhändler Th. Ulrici in Karlsruhe; – 5 Thlr. ges. unter den Schülern der Secunda des königl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums zu Posen, durch A. Knebel, Primus der Ober-Secunda; – 1 Thlr. von Oekonom Rohkohl in Stangerode bei Mansfeld: „Für Bauer’s Werk, für Deutschlands schönen Stern – bringt man ein kleines Opfer gern.“ – 5 Thlr. 12 Ngr. ges. im Männer-Turnverein zu Creuzburg in O./S. bei Gelegenheit des Stiftungsfests, durch den Vors. Freund; – 1 Thlr. von Weilburg; – 3 fl. rhn. von einer kleinen Gesellschaft Heidelberger Studenten – „exempla trahunt“, durch A. Friedrich, Stud. d. Th. u. Ph.; – 10 Thlr. vom Handwerkerverein zu Pritzwalk, durch den Rendanten desselben, Kaufm. J. H. Kluth; 1 Thlr. von mehreren Gebern durch G. Schula in Pritzwalk; – 2 Thr. ges. von einer kleinen Gesellschaft junger Leute am 10. November im Gasthof zum Schwarzen Bären in Jena, durch O. Deistung; – 3 Thlr. von einer Whist-Partie aus Grünberg in Schl.; – 4 Thlr. vom Liederkranz zum goldenen Helm in Lichtenstein, ges. am Stiftungsfest, durch W. Schleicher; 3 Thlr. ges. im Dämmerungsclub zu Coswig; 2 Thlr. von dem kleinen Comptoir in Magdeburg; – 2 Thlr. ges. im Hof von Oldenburg von verschiedenen Reisenden, durch H. F. F. in Jever; 1 Thlr. von einem Turner aus „Einigkeit“, 15 Sgr. von einem Turner aus dem Turn- und Wehr-Verein „Werner“ in Berlin; – 23 Thlr. 5½ Ngr. Cassen-Ueberschuß der aufgelösten Männer-Turn-Gesellschaft zu Annaberg, durch O. Polemann; 1 Thlr. von einigen Stammgästen bei Ernst Dreßel und 1 Thlr. 15 Ngr. aus dem Liederkränzchen zu Eisfeld, durch Franklin Härtel; 2 Thlr. als Beitrag der Gesellschaft „Erholung“ zu Zeilitzheim bei Schweinfurt, durch Dr. M. Gr. Schmidt; – 53 Thlr. Ertrag einer Sammlung im Berliner Handwerkerverein, durch den Rechnungsführer desselben; 2 Thlr. von einigen Kaufleuten beim letzten Zunftessen in Süllbach an der Mard, durch W. H. Dörr in Spiegelberg; 2 Thlr. als Gewinn eines Familienspiels, aus P. in Ostpreußen, durch B…

(Fortsetzung dieser Quittung folgt in nächster Nummer.) Im Auftrag des Central-Comité’s: Ernst Keil.

Wir müssen Freunde und Förderer des Unternehmens daran erinnern, daß unfrankirte Einsendungen von Beiträgen das Porto vertheuern, folglich einen Theil der Gaben zu Gunsten der Post dem Unternehmen entziehen, und bitten, dies freundlichst beachten zu wollen.




Nicht zu übersehen!

Für diejenigen Abonnenten, welche sich die Gartenlaube einbinden lassen, sind durch uns auch zum Jahrgang 1862 höchst

geschmackvolle Decken mit Golddruck

nach eigens dazu angefertigter Zeichnung zu beziehen. Alle Buchhandlungen sind in den Stand gesetzt, dieselben zu dem billigen Preise von 13 Ngr. zu liefern. – Zu den Jahrgängen 1851 bis 1861 stehen ebenfalls Decken zu dem gleichen Preise zur Verfügung.

Die Verlagshandlung.


Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 784. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_784.jpg&oldid=- (Version vom 7.10.2021)