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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Iphigenie in Aulis – Teil 2

die Herrlichen mit Krieg dich überzogen,

1435
entriß dich Tyndar, unser Vater, den

du knieend flehtest, ihrem Zorn, und gab
die Rechte meines Gatten dir zurücke.
Seit diesem Tag – kannst du es anders sagen?
fand’st du in mir die lenksamste der Frauen,

1440
im Hause fromm, im Ehebette keusch,

untadelhaft im Wandel. Sichtbar wuchs
der Segen deines Hauses – Lust und Freude,
wenn du hineintratst! Wenn du öffentlich
erschienst, der frohe Zuruf aller Menschen!

1445
Solch eine Eh’genossinn zu erjagen,

ist wenigen bescheert. Desto gemeiner sind
die schlimmen! Ich gebähre dir drei Töchter
und diesen Sohn – und dieser Töchter eine
willst du jezt so unmenschlich mir entreissen!

1450
Fragt man, warum sie sterben soll – was kannst du

hierauf zur Antwort geben? Sprich! Soll ich’s
in deinem Nahmen thun? Daß Menelaus
Helenen wieder habe, soll sie sterben!
O treflich! Deine Kinder also sind

1455
der Preis für eine Buhlerinn! Und mit

dem Theuersten, das wir besitzen, wird
das Hassenswürdigste erkauft! – Wenn du
nun fort seyn wirst nach Troja, lange, lange,
ich im Pallast indessen einsam sitze,

1460
leer die Gemächer der Gestorbenen,
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)