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Calw / Calva, Calba.

Es heißt auch Chalavva, ein kahler Löw / wie solch Wappen vor Zeiten die Graffen dieses Orts geführet haben: Von denen diese Statt an die Grafen von Tübingen Erbsweise / vnd von disen Anno 1345. an das Hauß Würtenberg durch Kauff / kommen ist. Sie ligt in dem Schwartzwald / an der Nagolt. Hat fünff Thor / als das Ober- oder Altburger Thor; da die OberVorstatt ist / vnd man ins Wildbad reyset. Ausserhalb stehet auf einem runden Hügel das alte der Grafen von Calw Schloß / darinnen auffs wenigste vier Gefängnussen seyn / vnd darunter zwey gar böse / deren eine der Kesselthurn genandt wird / als die vnter einem hohen vnd runden Thurn ist. Es wohnet in diesem Schloß jetzt nur ein Wächter. Das ander / wirdt das Vntere / oder Hirsawerthor / genant / da die vntere Vorstatt ist / vnd man in das Kloster Hirsaw reyset, welches zu S. Aurelio genandt wird / S. Benedicten Ordens / zwischen hier / vnd Zell / vnnd ohngefehr anderthalbe Stundt von dem Zeller Bad / an dem Fluß Nagolt / gelegen / vnnd Speyrer Bischthumbs / auch jetzt wider den Römisch-Catholischen zugehörig ist / darinn gedachter S. Aurelius, ein Italiänischer Bischoff / begraben / das Kloster aber Anno 830. von den Grafen von Calw gestifftet worden / darinn es vor Zeiten fürtreffliche vnd gelerte Mönch geben / davon Johannes Trithemius ein eygenes Chronicon, von besagtem Jahr 830. an / biß auffs Jahr 1370. geschrieben, vnnd man in dem Creutzgang / vor dem Refectorio, einen anmüthigen Bronnen / so an dreyen Orthen Wasser gibt; vnd in den Fenstern herumb alle Bildnussen deß Alten vnd Newen Testaments / so von den Brunnen seyn / von schöner künstlicher Arbeit / zu sehen hat. Das dritte Thor zu Calw / wirdt das Bischoffsthor genandt / allda man vor etlichen Jahren newe Häuser gebawet / als zu einem Anfang einer newen Vorstatt. Das vierdte ist / das Hengstätter Thörlein / von dem nahgelegenen Dorff Hengstätten; dannen man in die nächste ReichsStatt Weyl reyset. Vnd dann / so wirdt das Fünffte das Ziegelthor genandt / dardurch der Weg in den Flecken Stammen / vnd von dannen ferners auf Herrenberg / vnd Tübingen / gehet. Es ist daselbst vber der Nagolt die Vorstatt / so man die Eussere: Item / ein inners Thor / gegen dem Marckt werts / so man das Scheiffelthor nennet. In Summa / es ist Calw / vor diesem Teutschen Krieg / ein schöne Statt gewesen / wiewol sie vom Abend die Berg so nahend hat / daß man von dannen schier mit einem Stein auff den Marckt / so gar lang / werffen kan. Vnd sie auch sonsten mit Bergen gleichsamb vmbgeben ist. Die Pfarrkirch / so bey dem Hügel gelegen / hat zween Predigstül. Ausserhalb der vntern Vorstatt / in dem Nagolterthal / vber der zweyten Brücken / so daselbst ist / hat es noch ein andere Kirchen / mit einem Gotts-Acker / davon nicht weit das Siechenhauß ist. Es hat auch einen feinen Spital / vnd gute Schul / gute Brunnen / gesunden Lufft / vnd grosses Gewerb / sonderlich vor dem Krieg / allda gehabt. Es gibt viel Wälde / Aecker / Wiesen / vnd Gärten herumb. Brunnerus libro 12. Annal. Boicorum, schreibet / pag. 305. daß Welfo, Hertzog Heinrichs deß Hoffärtigen in Bäyern / vnd Sachsen / Bruder / deß Gottfrieds von Kalb Tochter Utham geheuratet / vnd mit ihr ein groß Gut bekommen / aber deßwegen mit deß Gottfrieds Vettern / Alberto, habe kriegen müssen / welcher das Schloß allhie eingenommen / deß Welffen Volk bey Sindelfingen geschlagen / selbigen Flecken angezündet / vnnd mit reicher Beut wider auffs Schloß Würtemberg gezogen seye; daselbst jhn Hertzog Wolff belagert / das Schloß erobert / vnd verbrant habe; wie auch das Schloß Löwenstein / so man selbiges mal für vnüberwindlich gehalten. Als nun Hertzog Welff sich auff Kalb näherte / hab er den besagten Graf Albrechten dahin gebracht / daß er sich jhm ergeben; von dem er auch zu Gnaden auffgenommen worden / vnd alles verlorne wider bekommen habe. Crusius sagt lib. paral. rer. Suev. dz Pfaltzgraf Wilhelm von Tübingen / An. 1346. die die Statt / vnd Schloß Calw / den Grafen zu Würtemberg / Eberharden / vnnd Vlrichen / vmb 7000. Pfund Heller geben habe.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)