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nicht im mindesten reizbar zu sein scheint, so musz der langsame Procesz des Verschlingens die Folge der Vorwärtsbewegung der Larve sein.

Es ist schwer, sich darüber eine Vermuthung zu bilden, was wohl so viele Geschöpfe, fleisch- und pflanzenfressende Krustenthiere, Würmer, Tardigraden und verschiedene Larven anreizen kann, in die Blasen zu gehen. Mrs. Treat sagt, dasz die eben erwähnten Larven von Pflanzennahrung leben und eine besondere Liebhaberei für die langen Borsten rings um die Klappe haben; dieser Geschmack kann aber den Eintritt von fleischfressenden Krustenthieren nicht erklären. Vielleicht versuchen kleine im Wasser lebende Thiere gewohnheitsgemäsz in jeden kleinen Spalt einzutreten, wie in den zwischen Klappe und Kragen, um Nahrung oder Schutz zu suchen. Es ist nicht wahrscheinlich, dasz die merkwürdige Durchsichtigkeit der Klappe ein zufälliger Umstand ist; der dadurch entstehende lichte Punkt könnte als Führer dienen. Die langen Borsten rings um den Eingang dienen allem Anscheine nach demselben Zwecke. Ich glaube deshalb, dasz dies der Fall ist, weil die Blasen einiger epiphytisch und auf Marschboden lebender Species von Utricularia, welche entweder in verfilzter Vegetation oder in Schlamm leben, keine Borsten um den Eingang haben; diese würden unter solchen Bedingungen von keinem Nutzen als Führer sein. Demungeachtet springen bei diesen epiphytischen auf Marschboden lebenden Arten zwei Paare Borsten von der Oberfläche der Klappe wie in den wasserlebenden Arten vor; ihre Function ist wahrscheinlich die, gröszere Thiere von einem Versuche, in die Blase einzudringen, abzuhalten, damit nicht dadurch die Mündung eingerissen werde.

Da unter günstigen Umständen die meisten Blasen im Fangen von Beute Erfolg haben (in einem Falle selbst zehn Krustenthiere), – da die Klappe so gut dazu angepaszt ist, den Thieren den Eingang zwar zu gestatten, aber ihr Entweichen zu verhindern, – und da die Innenseite der Blase eine so eigenthümliche Structur darbietet, in ihrer Auskleidung mit unzähligen viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätzen, so läszt sich unmöglich daran zweifeln, dasz die Pflanze speciell für das Fangen von Beute eingerichtet worden ist. Nach Analogie mit der zu derselben Familie gehörigen Pinguicula erwartete ich natürlich, dasz die Blasen ihre Beute verdauen würden; dies

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_369.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)