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Zusammenballung auf kurze Zeit bei jeder queren Scheidewand aufgehalten wird, macht den Eindruck, als ob eine Substanz von Zelle zu Zelle abwärts gehe. Aber da die Zellen eine unter der anderen einer Zusammenballung des Inhalts unterliegen, wenn unorganische und unauflösliche Theilchen auf die Drüsen gelegt werden, so musz der Procesz wenigstens in diesen Fällen in einer von den Drüsen übermittelten molecularen Veränderung, unabhängig von der Aufsaugung irgend welcher Substanz, bestehen. Dasselbe kann auch möglicher Weise bei der Wirkung des kohlensauren Ammoniaks der Fall sein. Da jedoch die durch dieses Salz verursachte Zusammenballung die Tentakeln in viel schnellerem Tempo hinunterläuft, als wenn unauflösliche Theilchen auf die Drüsen gelegt werden, so wird wahrscheinlich das Ammoniak in irgend einer Form nicht nur von den Drüsen aufgesaugt, sondern geht auch die Tentakeln hinunter.

Nachdem ich ein Blatt in Wasser untersucht und den Inhalt der Zellen homogen gefunden hatte, that ich es in ein paar Tropfen einer Auflösung von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 437 Theile Wasser und achtete auf die Zellen unmittelbar unter den Drüsen, wendete indessen keine sehr starke Vergröszerung an. Nach 3 Minuten war noch keine Zusammenballung sichtbar, aber nach 15 Minuten bildeten sich kleine Kugeln von Protoplasma, ganz besonders unter den langköpfigen randständigen Drüsen; der Procesz jedoch fand in diesem Fall mit ungewöhnlicher Langsamkeit statt. In 25 Minuten waren deutlich bemerkbare kuglige Massen in den Zellen der Stiele in einer beinahe der der Drüsen gleichen Länge, und in 3 Stunden ein Drittel oder die Hälfte der Länge des ganzen Tentakels hinab vorhanden.

Wenn Tentakeln mit Zellen, welche nur sehr blasse rosa Flüssigkeit und augenscheinlich nur wenig Protoplasma enthalten, in ein paar Tropfen einer schwachen Auflösung von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 4375 Theile Wasser (1 Gran auf 10 Unzen) gethan, und die äuszerst durchsichtigen Zellen unter den Drüsen unter starker Vergröszerung sorgfältig beobachtet werden, so sieht man, wie diese zuerst leicht wolkig werden durch die Bildung von zahllosen nur gerade bemerkbaren Körnchen, welche sehr geschwind grösser werden, entweder durch Verschmelzung oder durch das Heranziehen von mehr Protoplasma aus der umgebenden Flüssigkeit. Bei einer Gelegenheit wählte ich ein eigentümlich blasses Blatt, und gab ihm, während es unter dem Mikroscop lag, einen einzigen Tropfen einer stärkeren Auflösung von einem Theil auf 437 Theile Wasser; in diesem Fall wurde der Inhalt der Zellen nicht wolkig, aber nach 10 Minuten konnten unregelmässige Körner von Protoplasma entdeckt werden, welche bald zu unregelmäszigen Massen und Körnchen von einer grünlichen oder sehr blassen purpurnen Färbung heranwuchsen; aber diese bildeten nie vollkommene Kugeln, obgleich sie unaufhörlich ihre Form und Stellung veränderten.

Bei mäszig rothen Blättern ist die erste Wirkung einer Lösung des kohlensauren Salzes gewöhnlich die Bildung von zwei oder drei oder mehreren auszerordentlich kleinen purpurnen Kugeln, welche schnell am Umfang zunehmen. Um einen Begriff von der Geschwindigkeit zu geben, mit welcher solche Kugeln an Umfang zunehmen, will ich erwähnen, dasz einem ziemlich blasz purpurnen Blatt unter einem Glasblättchen ein

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_039.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)