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In diesen verschiedenen Fällen war nicht nur die Einbiegung der Tentakeln sichtbar, sondern die purpurne Flüssigkeit in ihren Zellen wurde zu kleinen Massen von Protoplasma zusammengeballt in der Art und Weise, wie sie im nächsten Capitel beschrieben werden soll. Und dies Zusammenballen war so deutlich, dasz ich durch diesen Schlüssel allein leicht alle die Tentakeln unter dem Mikroskop hätte herausfinden können, welche ihre leichte Bürde nach der Mitte zu getragen hatten, aus den hunderten von andern Tentakeln an denselben Blättern heraus, die nicht so gehandelt hatten.

Mein Erstaunen wurde stark erregt nicht nur durch die äuszerste Kleinheit der Theilchen, welche eine Bewegung verursachten, sondern auch dadurch, wie sie möglicherweise auf die Drüsen wirken konnten; denn man musz sich erinnern, dasz sie mit der gröszten Sorgfalt auf die convexe Oberfläche des Secrets gelegt wurden. Zuerst dachte ich – aber irriger Weise, wie ich jetzt weisz –, dasz Theilchen von solch geringem specifischem Gewicht, wie Kork, Faden und Papier, nie mit der Oberfläche der Drüsen in Berührung kommen würden. Die Theilchen können nicht einfach dadurch wirken, dasz ihr Gewicht dem des Secrets zugefügt wird, denn kleine Wassertropfen, die viel Mal schwerer als die Theilchen waren, wurden wiederholt hinzugethan und brachten niemals irgend eine Wirkung hervor. Ebenso wenig bringt die Störung der Absonderung irgend eine Wirkung hervor; denn mit einer Nadel wurden lange Fäden herausgezogen und an einem sich in der Nähe befindlichen Gegenstand befestigt und Stunden lang so gelassen; aber die Tentakeln blieben bewegungslos.

Ich entfernte auch sorgfältig mit einem scharf zugespitztem Stück Löschpapier das Secret von vier Drüsen, so dasz sie eine Zeit lang nackt der Luft ausgesetzt waren; aber dies verursachte keine Bewegung, und doch waren diese Tentakeln in einem functionsfähigen Zustand; denn nachdem 24 Stunden vorüber waren, wurden sie mit Stückchen Fleisch versucht und alle wurden schnell eingebogen. Es kam mir dann der Gedanke, dasz Theilchen, welche auf der Absonderung schwämmen, Schatten auf die Drüsen werfen könnten, welche gegen den gehemmten Einflusz des Lichts empfindlich sein könnten. Obgleich dies sehr unwahrscheinlich schien, da äuszerst kleine und dünne Splitter von farblosem Glas mächtig wirkten, so that ich doch, nachdem es dunkel war, beim Lichte eines einzigen Talglichts so schnell als möglich Theilchen Kork und Glas auf die Drüsen von einem Dutzend

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_025.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)