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Diese Organisation neuer Mittel für ein altes Recht bot allen Betheiligten Gewinn. Die Unterthanen besassen in ihr eine Bürgschaft für ihre Rechte; der Papst vermochte mit ihr leichter seine Beamten zu beaufsichtigen und seine Dienstgewalt über sie auszuüben. Der Kaiser versprach sich von der Aenderung seiner Verwaltung eine gewissenhaftere Landesjustiz. Ein eigenes Gericht in Rom hatte er freilich nicht durchgesetzt. Wenn der Papst auf die Anzeige der Missi nicht einschritt, so trat ein schwerfälliger und langsamer Geschäftsgang ein, der sich der Wirksamkeit der Reform in den Weg stellte. Die kaiserliche Politik hatte, als sie jene Vereinbarung traf, kaum hinlänglich mit dem Widerstande gerechnet, den ihre geborene Gegnerschaft, das Landesbeamtenthum, der Anwendung der Constitution bereiten würde, und mit den Conflicten, welche die Beaufsichtigung der Beamten eines anderen Herrn herbeiführen musste. Die Unstetigkeit der Karolingischen Regierung trug ferner dazu bei, die scheinbar vielversprechende Einrichtung von 824 weniger im ursprünglichen Sinne zu benutzen und zu entwickeln, als ihr je nach den wechselnden politischen Lagen Roms eine verschiedene Anwendung zu geben[1]. Bereits Lothar I., welcher in Vollmacht

    Geschichte XIV, 437. Bethmann-Hollweg, Civilprocess V, 246. Anders Simson, Ludwig I, 226. Nach einer späten, irrig zurückdatirenden Nachricht nehmen Giesebrecht a. a. O. I, 871, Ficker a. a. O. II, 127 u. A. an, dass Karl als Kaiser einen ständigen Bevollmächtigten in Rom eingesetzt habe. Vgl. Krause (oben S. 9) S. 238–242.

  1. Welche Anwendungsfälle der Constitution sind überliefert? Die S. 31 Anm. 3 erwähnte Gerichtsurkunde von 829 für Farfa, an die z. B. Simson a. a. O. I, 227 und Duchesne a. a. O. II, 103 Anm. 30 denken, erfüllt die Voraussetzungen des Erlasses von 824 nicht. Giesebrecht I, 872 und Hirsch a. a. O. XX, 143 halten jene Bevollmächtigten für ordentliche Missi, welche doch durch die Vereinbarung von 824 ausgeschlossen waren; die Einleitung der Urkunde, welche jene Auffassung unterstützen könnte, erklärt sich nach der Bemerkung von Ficker a. a. O. I, 20 durch den Verfasser der Urkunde. Die Missi von 829 waren ausser für Spoleto wohl nur insoweit auch für die Romagna bestellt, als die zu Spoleto gehörige kaiserliche Abtei Farfa die Handlung in Rom verursachte. Die Romagna verstehe ich hier wie Capitularia I, 201, 16. 330, 4. II. 67, 9 von päpstlichem Gebiet, vgl. Rolando, Archivio stor. ital. IV, 5 S. 244. 274–277. Vgl. Ludwig II. 853, Mem. di Lucca V, 2, 698 S. 419. Auch bei der Gerichtsurkunde von 838, Fantuzzi, Monum. Ravennati II, 2 S. 5, treffen die Voraussetzungen der Constitution wohl nicht zu. Wenn Johann VIII. 880 während einer Reichsvacanz von dem zukünftigen Kaiser, dem damaligen
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_034.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)