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Theiles zeigt die pflichtmässige Rechtslage Aller. Wer das Herrscherrecht des Patricius antastete, sich etwa in landesverrätherische Verbindungen mit den Griechen einliess, war seiner Gewalt verfallen[1]. Und doch sollten die Römer, das sagte ihnen der Titel Patricius, nicht seine Unterthanen sein.

Der Inhalt der patricialen Gewalt ist nach dem Brauche der Zeit nicht im voraus genau geregelt worden. An den Stellen, wo die Grenze zwischen ihr und der Gewalt des Papstes unsicher oder streitig war, blieb es von den augenblicklichen Umständen abhängig, wie die zweifelhafte Angelegenheit behandelt werden würde. Aber eine derartige Ungewissheit machte den Begriff des Patriciats nicht zweifelhaft: über ihn sind Geber und Empfänger nicht verschiedener Meinung gewesen, nur in der Ausführung konnten ihre Ansichten auseinandergehen. Ein jeder wusste, dass der Patriciat nicht eine allgemeine Herrschaft sei, die den Inhaber ermächtige, den Römern Gesetze zu geben und in Concurrenz mit dem Papste sie zu regieren, zu richten und für diese Thätigkeiten Aemter einzuführen und Beamte zu ernennen. Der Papst hatte sich nicht einen Theilhaber seiner Herrschaft bestellt, mit dem er die Gewalt zu gleichem Rechte besass[2]; auch nicht bestimmte Sachen hat er dem Patricius abgetreten, so dass seine eigene Landesherrschaft keine volle geblieben wäre. Vielmehr sollte das päpstliche Regiment das ordentliche und primäre, das patriciale das ausserordentliche und secundäre sein.

  1. Codex Carolinus S. 529, 34. 530. 535. 627. 653. Ein anderer Rechtsgrund liegt das. S. 595 f. vor.
  2. Marca a. a. O. I, 12, 5. III, 11, 6. 11 f. nimmt eine derartige Gemeinschaftlichkeit an, die bis auf Karl den Kahlen bestanden habe. Auch Bethmann-Hollweg, Civilprocess V, 243 spricht sich mit theilweise denselben Gründen dafür aus. Siehe dagegen z. B. Brunengo a. a. O. VI, 1 S. 178 ff. Dass der Papst gelegentlich (z. B. Codex Carolinus S. 627) seine Beamten auch Getreue Karl’s nennt, ist nicht staatsrechtlich gemeint. Solche Wendungen, älter als der Patriciat, das. S. 477, 8. 479, 6, besagen nur, dass der Getreue im Interesse des Genannten thätig ist. In demselben Sinne bezeichnet der Papst Beamte und Unterthanen des Königs als seine Getreuen, z. B. das. 564. 574, 24. 586, 22. 592, 27. 624, 20, vgl. 606, 35. 627, 10. 808 Jaffé IV, 313. Capitularia I, 225, 4. Die Päpste würden einem Theilherrscher nicht nur von ihrem Lande, ihrem Volke geschrieben, die Römer nicht den Papst in einem Schreiben an einen gleichberechtigten Mitregenten als ihren einzigen Regenten dargestellt haben, oben S. 326 Anm. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_346.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)