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mit der Behauptung, zur Verfügung über das rechtskräftig aberkannte Herzogthum Baiern berechtigt gewesen zu sein. Der Kläger hält dem entgegen, dass der Gewährsmann unbefugt gehandelt habe, da das Erkenntniss nichtig gewesen sei.

Dies ist der Sachverhalt, den eine Notiz Otto’s von Freising in der Zeit vor dem Kreuzzuge[1] in die Worte zusammendrängt: „ducatum Noricum, quem patri suo non iuste abiudicatum asserebat, iure haereditario reposcens“.

Einer Begründung bedarf jetzt nur noch der Umstand, dass der Einwand unbefugter Besitzübertragung noch zu so später Zeit erhoben werden kann, da ja im Allgemeinen bei Immobilien der Satz gilt, dass Jeder, der gegen eine öffentlich vorgenommene Besitzübertragung nicht binnen Jahr und Tag Einspruch erhebt, sich „verschwiegen“ hat. Unser Fall bildet eine Ausnahme, da der Kläger zur Zeit der Besitzübertragung noch minderjährig war. Gegen den Minderjährigen läuft diese Frist von Jahr und Tag nicht schon vom Tage der Besitzübertragung; doch muss er nach erlangter Grossjährigkeit die Klage binnen Jahr und Tag anstellen. Dies hat im vorliegenden Fall der Kläger gethan. Heinrich von Sachsen, kurz vorher noch unter Vormundschaft stehend[2], hat die Klage

    und der Auctor geradezu als Beklagter genannt wird. Der Auctor ist rechtlich verpflichtet, für denjenigen, dem er den Besitz übertragen hat, so einzustehen, als ob er selbst der Beklagte wäre (Laband, Die vermögensrechtlichen Klagen nach den Sächsischen Quellen des Mittelalters, Königsberg 1869, S. 259; 284–287; Planck, Deutsches Gerichtsverfahren im Mittelalter, Bd. I, Braunschweig 1878, S. 541).

  1. Siehe unten S. 2731.
  2. Zu diesem Resultat gelangt man, wie immer man auch über den Mündigkeitstermin Heinrich’s des Löwen denke. Heinrich’s des Löwen Geburtsjahr wird auf 1129 angesetzt (Philippson, Heinrich d. L., 1, S. 334). Er war also im Jahre 1147 achtzehn Jahre alt. Nimmt man an, dass er als Herzog von Sachsen nach Sächsischem Recht zu beurtheilen sei, so gelangt nach dem Sachsenspiegel der Knabe zwar schon mit 12 Jahren „zu seinen Jahren“, aber erst mit 21 Jahren „zu seinen Tagen“. Wer „unter seinen Tagen“ ist, kann, wenn er will, unter Vormundschaft bleiben. (Kraut, Vormundschaft, Göttingen 1835, Bd. 1, S. 144–149; Rive, Geschichte der Deutschen Vormundschaft, Bd. 21, Braunschweig 1866, S. 59–60; Wackernagel, Die Lebensalter, ein Beitrag zur vergleichenden Sitten- und Rechtsgeschichte, Basel 1862, S. 50–51). Dass Heinrich von diesem Recht thatsächlich Gebrauch machte, geht daraus hervor, dass er im Jahre 1144, also 15jährig, einen Process am Hofgericht „per tutores suos“ anstrengt (Ann. Stad. ad a. 1144. Mon. G. SS. 16, 324). Wenn nun Heinrich etwa zwei
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_271.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2023)