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gegeben. Lamprecht bestreitet nicht, dass die von mir bekämpften Ansichten thatsächlich von Anderen aufgestellt worden sind. Aber er meint, mir komme nur das Verdienst zu, „die Theorien Nitzsch’ für ein grösseres Publicum beseitigt zu haben“. Er sagt: „Nitzsch hatte durch seine Forschungen über die Gilde die frühere Stufe seiner städtegeschichtlichen Anschauungen schon selbst innerlich längst überwunden“. Es ist indessen weder richtig, dass die Nitzsch’sche Ansicht nur noch im grossen Publicum, d. h. also doch nicht mehr unter den Gelehrten lebte[1], noch dass er selbst sie innerlich überwunden hatte. Jastrow bemerkt in seinem von K.[2] sehr gelobten biographischen Artikel[3] über Nitzsch: „Nitzsch ist in der festen Ueberzeugung gestorben, dass der Grundgedanke seiner ,Ministerialität’ trotz allen anfänglichen Widerspruchs schliesslich in allem Wesentlichen so gut wie allgemeine Annahme gefunden habe“. Wenn Lamprecht sich auf die Aufsätze von Nitzsch über die Gilde beruft, so hat er diese wohl lange nicht mehr eingesehen; Nitzsch vertritt gerade hier mit grosser Bestimmtheit die hofrechtliche Hypothese. Er erklärt (Monatsberichte der Berliner Akademie 1879, S. 11): „Es steht namentlich für die Städte des Deutschen Südens und Westens die zum grossen Theil hofrechtliche Verfassung der Gewerbe und ihr unmittelbarer Zusammenhang mit der herrschaftlichen Hofhaltung fest“.

2. Es ist unrichtig, dass ich auf den Einwand hinsichtlich meiner Methode „namentlich durch Berufung auf Sohm“ antworte; ich bitte meine Worte nachzulesen. Es ist unrichtig, dass Sohm eine andere Methode wie ich befolgt. Will K. es ignoriren, dass Sohm von den Urkunden von Medebach und Hameln einen ausgedehnten Gebrauch (und zwar nicht etwa bloss für die „Constatirung von Rechtssitten und Rechtsbräuchen“) macht? Wesshalb soll es mir ferner verwehrt sein, Medebacher Urkunden für die Darstellung der Geschichte des Rathes zu verwerthen, während K. es erlaubt ist?[4] Wesshalb soll bei

  1. Schmoller sagt eben erst jetzt (Jahrbuch f. Gesetzg. 1890 S. 1002): „Ich leugne, dass die Ansichten von Nitzsch über den Einfluss der Bischöfe als grosser Grundherren in den Städten endgültig beseitigt seien“. Schmoller gehört also auch nicht zu den Lamprecht’schen Gelehrten. Vgl. ferner Gothein a. a. O. Lamprecht selbst hat in seinen volle sieben Jahre nach Nitzsch’s Tode erschienenen Skizzen zur Rheinischen Geschichte (S. 100) mit grösster Bestimmtheit die hofrechtliche Hypothese vorgetragen. S. auch Hist. Z. 59, 198 Anm. 2.
  2. Ursprung S. 385.
  3. Jahrbuch f. Gesetzg., B. 8 S. 872 f. Jastrow sagt in der Allg. Dt. Biogr. (Art. Nitzsch, Bd. 23 S. 738) von den Aufsätzen über die Gilde ganz richtig: „Hiermit knüpfte er wieder an die ‚Ministerialität‘ an“.
  4. Ueber Menden zieht K. es jetzt vor zu schweigen.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_152.jpg&oldid=- (Version vom 18.10.2022)