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bekanntlich ganz verzweifelt „in der Vertheidigung seines Serails", so dass einer der Kämpfenden häufig todt gefunden wird.[1] Ein indisches Rebhuhn (Ortygornis gularis), dessen Männchen mit starken und scharfen Spornen versehen ist, ist so streitsüchtig, „dass die Narben von früheren Kämpfen die Brust von beinahe jedem Vogel, den man tödtet, entstellen".[2]

Die Männchen beinahe aller hühnerartigen Vögel, selbst derjenigen welche nicht mit Spornen versehen sind, werden während der Paarungszeit in heftige Kämpfe verwickelt. Der Auerhahn und das Birkhuhn (Tetrao urogallus und T. tetrix), welche beide polygam leben, haben regelmässig bestimmte Plätze, wo sie viele Wochen hindurch sich in grosser Anzahl versammeln, um mit einander zu kämpfen und vor den Weibchen ihre Reize zu entfalten. Dr. W. Kowalevsky theilt mir mit, dass er in Russland auf den Plätzen, wo der Auerhahn gefochten hat, den Schnee ganz blutig fand, und die Birkhühner „lassen die Federn in allen Richtungen hinfliegen", wenn mehrere „in einem königlichen Kampfe engagirt sind". Der ältere Brehm gibt einen anziehenden Bericht über die Balze, wie dieser Liebestanz und Liebesgesang des Birkhuhns genannt wird. Der Vogel stösst beinahe beständig die fremdartigsten Laute aus. „Vor dem Kollern hält er den Schwanz senkrecht und fächerförmig ausgebreitet, richtet Hals und Kopf, an welchen alle Federn gesträubt sind, in die Höhe und trägt die Flügel vom Leibe ab und gesenkt. Dann thut er einige Sprünge hin und her, zuweilen im Kreise herum und drückt endlich den Unterschnabel so tief auf die Erde, dass er sich die Kinnfedern abreibt. Bei allen diesen Bewegungen schlägt er mit den Flügeln und dreht sich um sich selber herum. Je hitziger er wird, um so lebhafter geberdet er sich, und schliesslich meint man, dass man einen Wahnsinnigen oder Tollen vor sich habe". Zu solchen Zeiten werden die Birkhühner so von ihrem Gegenstande absorbirt, dass sie fast blind und taub werden, indess in einem geringeren Grade als der Auerhahn. In Folge dessen lässt sich ein Vogel nach dem andern an dem nämlichen Orte schiessen oder selbst mit der Hand fangen. Nachdem die Männchen diese Scenen aufgeführt haben, beginnen sie mit einander zu kämpfen, und ein und derselbe Birkhahn wird, um seine Stärke über mehrere Gegner zu



  1. Layard, in: Ann. and Magaz. of Nat. Hist. Vol. XIV. 1854, p. 63.
  2. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 574.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/55&oldid=- (Version vom 31.7.2018)