Weise geschätzt und folglich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Auch ist es nicht überraschend, dass ein in einem unbedeutenden Grade nachtheiliger Character hierdurch erlangt worden ist, denn wir wissen, dass dies bei den Schmuckfedern einiger Vögel und bei den Geweihen mancher Hirsche auch der Fall ist.
Die Weibchen einiger anthropoider Affen sind, wie in einem früheren Capitel angeführt wurde, an der unteren Fläche des Körpers etwas weniger behaart als die Männchen, und hier haben wir einen Punkt, der wohl als Ausgang für den Process der Denudation gedient haben kann. In Bezug auf die Vollendung dieses Vorganges durch geschlechtliche Zuchtwahl ist es gut, sich des neuseeländischen Sprüchwortes zu erinnern, dass „es für einen haarigen Mann keine Frau gibt“. Alle welche Photographien der siamesischen behaarten Familie gesehen haben, werden zugeben, wie lächerlich hässlich das entgegengesetzte Extrem von excessivem Behaartsein ist. Der Kaiser von Siam musste daher einen Mann bestechen, damit er die erste behaarte Frau in der Familie heirathete, welche dann diesen Character ihren jungen Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferte.[1]
Manche Rassen sind viel behaarter als andere, besonders auf männlicher Seite. Es darf aber nicht angenommen werden, dass die behaarteren Rassen, z. B. Europäer, einen ursprünglichen Zustand vollständiger beibehalten haben als die nackten, solche wie die Kalmucken oder Americaner. Es ist wahrscheinlicher, dass das Behaartsein der ersteren die Folge eines theilweisen Rückschlages ist; denn Charactere, welche in einer früheren Zeit lange vererbt worden sind, sind immer geneigt, wiederzukehren. Wir haben gesehen, dass Idioten häufig sehr stark behaart sind; auch kehren sie leicht in andern Characteren auf einen niederen thierischen Typus zurück. Dem Anscheine nach hat ein kaltes Clima zu dieser Art von Rückschlag nicht Veranlassung gegeben, mit Ausnahme vielleicht der Neger, welche während mehrerer Generationen in den Vereinigten Staaten aufgezogen worden sind,[2]
- ↑ Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 2. 1873, S. 373.
- ↑ Investigations into Military and Anthropological Statistics of American Soldiers by B. A. Gould, 1869, p. 568: – Es wurden sorgfältige Beobachtungen über das Behaartsein von 2129 schwarzen und farbigen Soldaten während sie sich badeten angestellt; und unter Bezugnahme auf die veröffentlichte Tabelle „ist es auf den ersten Blick offenbar, dass zwischen den weissen und schwarzen Rassen in dieser Hinsicht, wenn überhaupt irgend ein Unterschied, doch nur ein geringer
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/370&oldid=- (Version vom 31.7.2018)