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indessen schreibt, wie wir gesehen haben, diesen Gebrauch zum grössten Theile der früheren Existenz communaler Ehen und dem davon abhängenden Umstande zu, dass sich die Männer aus anderen Stämmen Frauen gefangen haben, um sie als ihr alleiniges Besitzthum für sich zu behalten. Es können noch weitere Ursachen hierfür angeführt werden, so, dass die Gesellschaften sehr klein waren, in welchem Falle die heirathsfähigen Frauen häufig gefehlt haben werden. Dass der Gebrauch des Raubens von Frauen während früherer Zeiten in grösster Ausdehnung befolgt wurde und selbst bei den Vorfahren civilisirter Nationen, zeigt sich deutlich durch das Beibehalten vieler merkwürdiger Gebräuche und Ceremonien, von welchen Mr. M’Lennan eine äusserst interessante Beschreibung gegeben hat. Bei unseren eigenen Heirathen scheint der „beste Mann“ der hauptsächlichste Gehülfe des Bräutigams beim Acte des Raubens gewesen zu sein. So lange nun die Männer gewohnheitsgemäss ihre Frauen durch Gewalt und List sich verschafften, ist es nicht wahrscheinlich, dass sie sich die anziehenderen Frauen gewählt haben werden; sie werden nur zu froh gewesen sein, überhaupt irgend ein Weib zu fangen. Sobald aber der Gebrauch, sich Frauen von einem verschiedenen Stamme zu verschaffen, durch Tausch bewirkt wurde, wie es jetzt an vielen Orten vorkommt, werden die anziehenderen Frauen allgemein gekauft worden sein. Die unablässige Kreuzung zwischen Stamm und Stamm indessen, welche jeder Form eines solchen Gebrauches nothwendig folgte, wird dahin geführt haben, alle die in einem und demselben Lande wohnenden Völker im Character nahezu gleichförmig zu halten, und dies wird die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl in der Differenzirung der Stämme bedeutend gestört haben.

Die Seltenheit der Frauen, eine Folge des Tödtens weiblicher Kinder, führt auch zu einem anderen Gebrauche, nämlich der Polyandrie, welche in mehreren Theilen der Erde noch in Uebung ist und welche früher, wie M’Lennan glaubt, beinahe allgemein herrschte. Diese letztere Folgerung wird aber von Mr. Morgan und Sir J. Lubbock bezweifelt.[1] Wo nur immer zwei oder mehrere Männer gezwungen sind, eine Frau zu heirathen, so ist es sicher, dass alle Frauen des Stammes verheirathet werden, und es wird dann keine Auswahl der anziehenderen Weiber von Seiten der Männer stattfinden. Aber unter


  1. Primitive Marriage, p. 208. Sir J. Lubbock, Origin of Civilisation, p. 100. s. auch Mr. Morgan a. a. O. über das frühere Herrschen der Polyandrie.
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Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/358&oldid=- (Version vom 31.7.2018)