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und zu verkaufen“. Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, dass bei allen Wilden weibliche Sclaven als Concubinen dienen. Dass dieser Neger, mag er es mit Recht oder mit Unrecht gethan haben, das schöne Aussehen des Stammes der lange fortgesetzten Beseitigung der hässlichen Frauen zugeschrieben haben sollte, ist nicht so überraschend, als es auf den ersten Blick erscheinen dürfte; denn ich habe an einer anderen Stelle gezeigt,[1] dass Neger die Bedeutung der Zuchtwahl bei der Zucht der domesticirten Thiere vollkommen würdigen, und ich könnte nach Mr. Reade weitere Belege für diesen Punkt anführen.

Ueber die Ursachen, welche die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl bei Wilden hindern oder hemmen. – Die hauptsächlichsten Ursachen sind, erstens, sogenannte communale Ehen oder allgemeine Vermischung; zweitens die Folgen des weiblichen Kindesmords; drittens frühe Verlobungen; und endlich die niedrige Schätzung, in welcher die Frauen gehalten werden, nämlich als blosse Sclaven. Diese vier Punkte müssen mit einigem Detail betrachtet werden.

So lange das Paaren des Menschen oder irgend eines anderen Thieres dem Zufalle überlassen ist, ohne dass von einem der beiden Geschlechter eine Wahl ausgeübt würde, kann offenbar keine geschlechtliche Zuchtwahl vorkommen; und es wird auf die Nachkommen keine Wirkung dadurch hervorgebracht werden, dass gewisse Individuen über andere bei ihrer Bewerbung einen Vortheil haben. Nun wird behauptet, dass heutigen Tages noch Stämme existiren, bei welchen das besteht, was Sir J. Lubbock aus Höflichkeit communale Ehen nennt, d. h. alle Männer und Frauen in dem Stamme sind Ehegatten unter einander. Die Ausschweifung vieler Wilden ist ohne Zweifel erstaunlich gross; es scheint mir aber doch, als wären noch weitere Beweise nöthig, ehe wir vollständig annehmen können, dass die vorkommende Vermischung in irgend einem Falle wirklich allgemein ist. Nichtsdestoweniger glauben alle diejenigen, welche den Gegenstand am eingehendsten studirt haben,[2] und deren Urtheil viel mehr werth ist


  1. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 2, S. 236.
  2. Sir J. Lubbock, The Origin of Civilization, 1870. Cap. III, besonders p. 60–67. Mr. M'Lennan spricht in seinem äusserst werthvollen Werke über ‚Primitive Marriage‘ 1865, p. 163, von der Verbindung der Geschlechter „in den frühesten Zeiten, als locker, vorübergehend und in einem gewissen Grade allgemein“. Mr. M'Lennan und Sir J. Lubbock haben viele Belege über die ausserordentliche Ausschweifung der Wilden der Jetztzeit gesammelt. Mr. L. H. Morgan kommt in seiner interessanten Abhandlung über das classificatorische System der Verwandtschaften (Proceed. Amer. Acad. of Sciences, Vol. VII. Febr. 1868, p. 475) zu dem Schlusse, dass Polygamie und alle Formen von Ehen während der Urzeiten unbekannt waren. Nach Sir J. Lubbock’s Werk scheint es auch, als ob Bachofen gleichfalls der Ansicht wäre, dass ursprünglich communale Ehen geherrscht haben.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/351&oldid=- (Version vom 31.7.2018)