ist notorisch, und ein englischer Philosoph geht so weit, zu behaupten, dass Zeuge zuerst zum Zwecke des Ornamentes, nicht zur Wärme gemacht wurden. Wie Professor Waitz bemerkt: „so arm und elend der Mensch auch sein mag, er findet ein Vergnügen daran, sich zu schmücken“. Die Extravaganz der nackten Indianer von Südamerika beim Schmücken ihrer Person zeigt sich daraus, dass ein „Mann von bedeutender Körpergrösse mit Schwierigkeit durch die Arbeit zweier Wochen hinreichenden Lohn verdient, um sich im Tausch die Chica zu verdienen, welche er so nöthig hat, sich roth zu machen“.[1] Die ältesten Barbaren von Europa während der Renthierperiode brachten alle glänzenden oder eigenthümlichen Gegenstände, welche sie zufällig fanden, in ihre Höhlen. Heutigen Tages schmücken sich überall die Wilden mit Schmuckfedern, Halsbändern, Armbändern, Ohrringen u. s. w. Sie bemalen sich selbst in der verschiedenartigsten Weise. „Wenn bemalte Nationen mit derselben Aufmerksamkeit wie bekleidete untersucht worden wären, so würde man“, wie Humboldt bemerkt, „wahrgenommen haben, dass die fruchtbarste Einbildungskraft und die veränderlichste Laune die Moden des Malens ebensowohl wie die der Kleidung erfunden haben“.
In einem Theile von Africa werden die Augenlider schwarz gefärbt, in einem anderen Theile werden die Nägel gelb oder purpurn gefärbt. An vielen Orten wird das Haar in verschiedenen Tönen gefärbt. In verschiedenen Gegenden werden die Zähne schwarz, roth, blau u. s. w. gefärbt, und auf dem malayischen Archipel glaubt man sich schämen zu müssen, wenn man weisse Zähne „wie ein Hund“ hat. Nicht ein einziges grosses Land von den Polargegenden im Norden bis nach Neuseeland im Süden kann angeführt werden, in welchem die ursprünglichen Bewohner sich nicht tättowirten. Diesem Gebrauche folgten die alten Juden und die alten Briten. In Africa tättowiren sich einige der Eingeborenen; es ist aber viel häufiger, Wucherungen
- ↑ Alex. v. Humboldt, Personal Narrative, Vol. IV, p. 515; über die Fantasie, wie sie sich beim Malen des Körpers zeigt, p. 522; über die Modification der Form der Waden, p. 466.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/333&oldid=- (Version vom 31.7.2018)