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auch vollständiger den männlichen als den weiblichen Nachkommen überliefert worden sein. Es ist mit dieser Ansicht, dass viele unserer geistigen Fähigkeiten durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt oder gekräftigt worden sind, übereinstimmend, dass sie erstens, wie notorisch ist, zur Zeit der Pubertät eine beträchtliche Veränderung erleiden,[1] und zweitens, dass Eunuchen während ihres ganzen Lebens in diesen selben Eigenschaften niedriger entwickelt bleiben. Hierdurch ist schliesslich der Mann dem Weibe überlegen worden. Es ist in der That ein Glück, dass das Gesetz der gleichmässigen Ueberlieferung der Charactere auf beide Geschlechter allgemein bei Säugethieren geherrscht hat; im anderen Falle würde wahrscheinlich der Mann in Bezug auf geistige Befähigung der Frau so viel überlegen worden sein, wie der Pfauhahn in Bezug auf ornamentales Gefieder der Pfauhenne.

Man muss sich daran erinnern, dass die Neigung der von einem der beiden Geschlechter in einer späteren Lebensperiode erlangten Charactere, auf dasselbe Geschlecht in demselben Alter überliefert zu werden, und die Neigung der in einem früheren Alter erlangten Charactere, auf beide Geschlechter vererbt zu werden, Regeln sind, welche, wenn auch allgemein, doch nicht immer sich als gültig erweisen. Gälten sie immer, so könnten wir zu dem Schlusse kommen (doch schweife ich hier etwas über die mir gezogene Grenzen hinaus), dass die vererbten Wirkungen der frühen Erziehung von Knaben und Mädchen gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert würden, so dass die gegenwärtige Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in geistiger Kraft nicht durch einen ähnlichen Gang ihrer frühen Erziehung verwischt werden könnte; auch könnte sie nicht durch ihre ungleiche frühere Erziehung verursacht worden sein. Damit die Frau dieselbe Höhe wie der Mann erreichte, müsste sie in der Nähe ihrer Reifezeit zur Energie und Ausdauer und zur Anstrengung ihres Verstandes und ihrer Einbildungskraft bis auf den höchsten Punkt erzogen werden; und dann würde sie wahrscheinlich diese Eigenschaften hauptsächlich ihren erwachsenen Töchtern überliefern. Alle Frauen könnten indess nicht hierdurch in die Höhe gebracht werden, wenn nicht viele Generationen hindurch diejenigen Frauen, welche sich in den eben erwähnten kräftigen Tugenden auszeichneten, verheirathet würden und


  1. Maudsley, Mind and Body, p. 31.
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Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/321&oldid=- (Version vom 31.7.2018)