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Thatsache ist dem analog, was bei einigen verwandten Affen vorkommt: so sind die Geschlechter des Schimpanse nicht so verschieden von einander als die des Gorilla oder Orang.[1]

In den vorhergehenden Capiteln haben wir gesehen, dass bei Säugethieren, Vögeln, Fischen, Insecten u. s. w. viele Charactere, welche, wie wir allen Grund zu haben glauben, ursprünglich durch geschlechtliche Zuchtwahl allein von einem Geschlechte erlangt worden waren, auf beide Geschlechter überliefert worden sind. Da diese selbe Form der Ueberlieferung allem Anscheine nach in grösserer Ausdehnung beim Menschen geherrscht hat, so wird es viele nutzlose Wiederholungen ersparen, wenn wir die dem männlichen Geschlechte eigenthümlichen Charactere in Verbindung mit gewissen anderen, beiden Geschlechtern gemeinsamen Characteren betrachten.

Gesetz des Kampfes. – Bei barbarischen Nationen, z. B. bei den Australiern, sind die Frauen die beständige Ursache von Kriegen zwischen den Individuen eines und desselben Stammes und zwischen verschiedenen Stämmen. So war es ohne Zweifel auch in alten Zeiten: „nam fuit ante Helenam mulier deterrima belli causa“. Bei den nordamericanischen Indianern ist der Streit förmlich in ein System gebracht worden. Jener ausgezeichnete Beobachter Hearne sagt:[2] – „Es hat bei diesem Volke stets für die Männer der Gebrauch bestanden, um eine jede Frau, welcher sie ergeben sind, zu ringen, und natürlich führt der kräftigste Theil stets den Preis hinweg. Ein schwacher Mann, wenn er nicht ein guter Jäger und sehr beliebt ist, erhält selten die Erlaubniss, ein Weib zu halten, welches ein starker Mann seiner Beachtung für werth hält. Dieser Gebrauch herrscht in allen Stämmen und veranlasst die Entwickelung bedeutenden Ehrgeizes unter der Jugend, welche bei allen Gelegenheiten von ihrer Kindheit an ihre Kraft und Geschicklichkeit im Ringen versucht“. Bei den Guanas von Südamerica heirathen, wie Azara anführt, die Männer selten ehe sie zwanzig oder noch mehr Jahre alt sind, da sie vor jenem Alter ihre Rivalen nicht besiegen können.


  1. Rütimeyer, Die Grenzen der Thierwelt; eine Betrachtung zu Darwin’s Lehre. 1868, S. 54.
  2. A Journey from Prince of Wales Fort. 8vo. edit. Dublin, 1796, p. 104. Sir J. Lubbock theilt (Origin of Civilization, 1860, p. 69) andere ähnliche Fälle aus Nord-America mit. Wegen der Guanas von Süd-America s. Azara, Voyages etc. Tom. II, p. 94.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/316&oldid=- (Version vom 31.7.2018)