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Was das allgemeine Behaartsein des Körpers betrifft, so sind die Frauen bei allen Rassen weniger behaart als die Männer und bei einigen wenigen Quadrumanen ist die untere Seite des Körpers beim Weibchen weniger behaart als beim Männchen.[1] Endlich sind männliche Affen, ebenso wie die Männer, kühner und feuriger als die Weibchen. Sie führen den Trupp an und kommen, wenn Gefahr vorhanden ist, an dessen Spitze. Wir sehen hieraus, wie nahe der Parallelismus zwischen den geschlechtlichen Verschiedenheiten des Menschen und der Quadrumanen ist. Bei einigen wenigen Species indessen, wie bei gewissen Pavianen, dem Gorilla und dem Orang, besteht ein beträchtlich grösserer Unterschied zwischen den Geschlechtern als beim Menschen, und zwar in der Grösse der Eckzähne, in der Entwickelung und Farbe des Haars und besonders in der Farbe der nackten Hautstellen.

Alle die secundären Sexualcharactere des Menschen sind sämmtlich äusserst variabel, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse, und sie weichen auch in den verschiedenen Rassen bedeutend ab. Diese beiden Regeln gelten allgemein durch das ganze Thierreich. Nach den ausgezeichneten an Bord der „Novara“ gemachten Beobachtungen[2] fand man, dass die männlichen Australier die weiblichen nur um fünfundsechzig Millimeter an Höhe übertrafen, während bei den Javanesen der mittlere Mehrbetrag zweihundertachtzehn Millimeter war, so dass bei dieser letzteren Rasse die Verschiedenheit in der Grösse zwischen den Geschlechtern mehr als dreimal so gross war als bei den Australiern. Zahlreiche Messungen wurden


    Beispiel gesehen habe, wo der Kinn-, Backenbart u. s. f. bei einem Affen in hohem Alter weiss geworden wäre, wie es so gewöhnlich der Fall bei uns ist. Doch kam dies bei einem alten gefangen gehaltenen Macacus cynomolgus vor, dessen Schnurrbart „merkwürdig lang und menschenähnlich“ war. Ueberhaupt bot dieser alte Affe eine lächerliche Aehnlichkeit mit einem der regierenden Monarchen von Europa dar, nach welchem er scherzweise beständig genannt wurde. Bei gewissen Menschenrassen wird das Barthaar kaum jemals grau; so hat Dr. Forbes, wie er mir mitgetheilt hat, niemals ein solches Beispiel bei den Aymaras und Quechuas von Süd-America gesehen.

  1. Dies ist der Fall bei den Weibchen mehrerer Species von Hylobates: s. Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, Hist. natur. des Mammif. Tom. I; s. auch, über H. lar, die Penny Cyclopaedia, Vol. II, p. 149, 150.
  2. Die Resultate wurden von Dr. Weisbach nach den Messungen der Dr. Dr. K. Scherzer und Schwarz reducirt; s. Reise der Novara; Anthropologischer Theil, 1867. S. 216, 231, 234, 236, 239, 269.
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Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/313&oldid=- (Version vom 31.7.2018)