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Es ist kaum möglich, viel darüber zu wissen, ob weibliche Säugethiere im Naturzustande irgend welche Wahl bei ihren ehelichen Verbindungen ausüben. Die folgenden sehr merkwürdigen Einzelheiten über die Werbungen einer der Ohrenrobben, Callorhinus ursinus, werden hier nach der Autorität des Capt. Bryant mitgetheilt,[1] welcher reichliche Gelegenheit zur Beobachtung hatte. Er sagt: „viele von den Weibchen scheinen bei ihrer Ankunft auf der Insel, wo sie sich paaren, den Wunsch zu haben, zu irgend einem besonderen Männchen zurückzukehren; sie klimmen häufig auf vorliegende Felsen, um die ganze Versammlung zu übersehen, rufen laut und horchen, ob sie nicht eine ihnen bekannte Stimme hören. Dann wechseln sie den Platz und wiederholen dasselbe...... Sobald ein Weibchen das Ufer erreicht, begibt sich das nächste Männchen hinab zu ihm und stösst während der Zeit einen Laut aus, wie das Glucken einer Henne zu ihrem Küchlein. Es macht ihm Diener und neckt es, bis es zwischen dasselbe und das Wasser gelangt, so dass es nicht mehr entfliehen kann. Dann ändert sich sein Benehmen und mit einem barschen Brummen treibt es dasselbe nach einer Stelle in seinem Harem hin. Dies wird fortgesetzt, bis die untere Reihe des Harems nahezu voll ist. Dann suchen die höher hinauf befindlichen Männchen die Zeit aus, wenn ihre glücklicheren Nachbarn sich von der Wache entfernt haben, um sich ihre Weiber zu stehlen. Dies thun sie so, dass sie dieselben in ihre Mäuler nehmen, über die Köpfe der anderen Weibchen hinwegheben und sorgfältig in ihrem eigenen Harem niederlegen, ebenso wie Katzen ihre Kätzchen tragen. Die Männchen noch weiter hinauf befolgen dieselbe Methode, bis der ganze Raum eingenommen ist. Häufig erfolgt ein Kampf zwischen zwei Männchen um den Besitz eines und des nämlichen Weibchens und beide ergreifen dasselbe zusammen und zerren es entzwei oder verletzen es mit ihren Zähnen schauerlich. Ist der Raum ganz erfüllt, dann geht das alte Männchen wohlgefällig umher, überblickt seine Familie, schilt diejenigen aus, welche die anderen drängen oder stören


  1. Mr. J. A. Allen in: Bullet. Museum Compar. Zoology of Cambridge, Mass. Vol. II. No. 1, p. 99.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/265&oldid=- (Version vom 31.7.2018)