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langen Haare an der Kehle des Hirsches (Cervus elaphus) als ein bedeutendes Schutzmittel für ihn von Nutzen sind, wenn er gejagt wird; denn die Hunde versuchen meist ihn bei der Kehle zu fassen. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass die Haare speciell für diesen Zweck entwickelt worden sind, denn andernfalls würden die Jungen und die Weibchen, wie wir wohl versichert sein können, in gleicher Weise geschützt worden sein.

Ueber die Wahl beim Paaren, wie sie sich bei beiden Geschlechtern der Säugethiere zeigt. – Ehe ich im nächsten Capitel die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern in der Stimme, dem von sich gegebenen Geruche und der Verzierung beschreibe, wird es zweckmässig sein, hier noch zu betrachten, ob die Geschlechter bei ihren Verbindungen irgend eine Wahl ausüben. Zieht das Weibchen irgend ein besonderes Männchen, ehe oder nachdem die Männchen mit einander um die Oberherrschaft gekämpft haben, vor, oder wählt sich das Männchen, wenn es nicht polygam lebt, irgend ein besonderes Weibchen aus? Der allgemeine Eindruck unter den Züchtern scheint der zu sein, dass das Männchen jedes Weibchen annimmt, und dies ist wegen der Begierde des Männchens in den meisten Fällen wahrscheinlich richtig. Ob dagegen der allgemeinen Regel nach das Weibchen ganz indifferent jedes Männchen annimmt, ist viel zweifelhafter. Im vierzehnten Capitel, über die Vögel, wurde eine ziemliche Menge directer und indirecter Belege dafür beigebracht, zu zeigen, dass das Weibchen sich seinen Genossen wählt; und es würde eine befremdende Anomalie sein, wenn weibliche Säugethiere, welche in der Stufenreihe der Organisation noch höher stehen und höhere geistige Kräfte haben, nicht allgemein, oder mindestens häufig, eine gewisse Wahl ausüben sollten. Das Weibchen kann in den meisten Fällen entfliehen, wenn es von einem Männchen umworben wird, welches ihm nicht gefällt oder welches dasselbe nicht reizt; und wenn es, wie es so beständig vorkommt, von mehreren Männchen verfolgt wird, so wird es häufig die Gelegenheit haben, während jene mit einander kämpfen, mit irgend einem Männchen sich zu entfernen oder sich mindestens zeitweise zu paaren. Dieser letztere Umstand ist in Schottland häufig bei weiblichen Hirschen beobachtet worden, wie mir Sir Philipp Egerton und Andere mitgetheilt haben.[1]


  1. Mr. Boner sagt in seiner ausgezeichneten Beschreibung der Lebensweise des Edelhirsches in Deutschland (Forest Creatures, 1861, p. 81): „während der Hirsch seine Rechte gegen den einen Eindringling vertheidigt, bricht ein anderer in das Heiligthum seines Harems ein und führt Trophäe nach Trophäe fort“. Genau dasselbe kommt bei Robben vor, s. Mr. J. A. Allen, a. a. O. p. 100.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/264&oldid=- (Version vom 31.7.2018)