Hörner tragen, mit hornlosen Leiceisters und hornlosen Shropshire-Downs. Das Resultat war, dass die männlichen Nachkommen Hörner besassen, deren Grösse beträchtlich reducirt war, während die weiblichen der Hörner gänzlich entbehrten. Diese verschiedenen Thatsachen weisen darauf hin, dass bei Schafen die Hörner ein bei den Weibchen viel weniger fest fixirter Character sind als bei den Männchen; und dies führt uns zu der Ansicht, dass die Hörner eigentlich männlichen Ursprungs sind.
Beim erwachsenen Bisamochsen (Ovibos moschatus) sind die Hörner des Männchens grösser als die des Weibchens und beim letzteren berühren sich die Basen der Hörner nicht.[1] In Bezug auf das gewöhnliche Rind bemerkt Mr. Blyth: „bei den meisten der wilden rinderartigen Thiere sind die Hörner des Bullen sowohl länger als dicker als die der Kuh und bei dem weiblichen Banteng (Bos sondaicus) sind die Hörner merkwürdig klein und bedeutend nach rückwärts geneigt. Bei den domesticirten Rassen des Rindes, sowohl der Formen mit Buckel als der buckellosen, sind die Hörner beim Bullen kurz und dick, bei der Kuh und dem Ochsen länger und schlanker, und ebenso sind sie beim indischen Büffel beim Bullen kürzer und dicker und bei der Kuh länger und schlanker. Beim wilden Gaour (Bos gaurus) sind die Hörner beim Bullen meist sowohl länger als dicker als bei der Kuh“.[2] Ferner theilt mir Dr. Forsyth Major mit, dass im Val d'Arno ein fossiler Schädel gefunden worden ist, den man als dem weiblichen Bos etruscus angehörig betrachtet; derselbe ist gänzlich ohne Hörner. Ich will hier gleich hinzufügen; dass bei dem Rhinoceros simus die Hörner des Weibchens allgemein länger aber weniger kraftvoll sind als beim Männchen, und bei einigen anderen Species von Rhinoceros sollen sie beim Weibchen kürzer sein.[3] Nach diesen verschiedenen Thatsachen können wir als wahrscheinlich annehmen, dass Hörner aller Arten, selbst wenn sie in beiden Geschlechtern gleichmässig entwickelt werden, zuerst von den Männchen erlangt wurden, um andere Männchen zu bekämpfen und dass sie dann mehr oder weniger vollständig auf die Weibchen übertragen worden sind.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/243&oldid=- (Version vom 31.7.2018)