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von den Jungen und den Alten während des Winters verloren werden.[1] In Bezug auf den dritten Fall, dass nämlich die Jungen einen intermediären Character zwischen dem Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen darbieten, betont Yarrell,[2] dass dies bei vielen Wadvögeln vorkommt. Was endlich den Fall betrifft, dass die Jungen bedeutend von beiden Geschlechtern in ihrem erwachsenen Sommer- und Wintergefieder abweichen, so kommt dies bei einigen Reihern und Silberreihern von Nordamerica und Indien vor, bei denen nur die Jungen weiss sind.

Ich will über diese complicirten Fälle nur einige wenige Bemerkungen machen. Wenn die Jungen den Weibchen in ihrem Sommerkleide oder den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in ihrem Winterkleide gleichen, so sind die Fälle von den in der 1. und 3. Classe verzeichneten nur darin verschieden, dass die ursprünglich von den Männchen während der Paarungszeit erlangten Charactere in ihrer Ueberlieferung auf die entsprechende Jahreszeit beschränkt worden sind. Wenn die Erwachsenen ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben und die Jungen von beiden abweichen, so ist der Fall schwieriger zu verstehen. Wir können als wahrscheinlich annehmen, dass die Jungen einen alten Zustand des Gefieders beibehalten haben; wir können auch das Hochzeitsgefieder oder Sommerkleid der Erwachsenen durch geschlechtliche Zuchtwahl erklären; wie haben wir aber ihr verschiedenes Wintergefieder zu erklären? Wenn wir annehmen könnten, dass dies Gefieder in allen Fällen als Schutzmittel dient, so würde dessen Erlangung eine einfache Sache sein: es scheint aber für diese Annahme kein rechter Grund vorzuliegen. Es könnte vermuthet werden, dass die so sehr verschiedenen Lebensbedingungen während des Winters und des Sommers in einer directen Art und Weise auf das Gefieder eingewirkt haben; dies kann wohl ein gewisses Resultat ergeben haben, ich habe aber kein rechtes Vertrauen, dass eine so bedeutende Verschiedenheit, wie wir sie zuweilen zwischen den beiderlei Gefiedern auftreten sehen, hierdurch verursacht worden sei. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist, dass eine alte, zum Theil durch die Uebertragung


  1. Ueber die Alca s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 347. Ueber die Fringilla leucophrys s. Audubon, a. a. O. Vol. II, p. 89. Ich werde nachher noch darauf Bezug zu nehmen haben, dass die Jungen gewisser Reiher und Silherreiher weiss sind.
  2. History of British Birds. Vol. I. 1839, p. 159.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/216&oldid=- (Version vom 4.2.2018)