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zu überliefern. Es ist auch eine etwas befremdende Thatsache, — unter der Annahme, dass die Weibchen und die Jungen während einer jeden Stufe des Modificationsprocesses eine Neigung gezeigt hätten, so hell gefärbt zu werden wie die Männchen, — dass die Weibchen niemals dunkel gefärbt worden sind, ohne dass gleichzeitig auch die Jungen an dieser Veränderung Theil genommen haben: denn soviel ich ermitteln kann, liegen keine Fälle vor von Species, bei denen die Weibchen trübe gefärbt, die Jungen dagegen hell gefärbt sind. Eine theilweise Ausnahme hiervon bieten indessen die Jungen gewisser Spechte dar, denn sie haben „den ganzen obern Theil des Kopfes mit Roth gefärbt“, welches sich später entweder bei den Erwachsenen beider Geschlechter zu einer einfachen kreisförmigen rothen Linie vermindert oder bei den erwachsenen Weibchen vollständig verschwindet.[1]

Was endlich die vorliegende Classe von Fällen betrifft, so scheint die wahrscheinlichste Ansicht die zu sein, dass aufeinanderfolgende Abänderungen in dem Glanze oder in andern ornamentalen Characteren, welche bei den Männchen zu einer im Ganzen spätem Lebensperiode auftraten, allein erhalten worden sind, und dass die meisten oder sämmtliche dieser Abänderungen in Folge der späten Lebensperiode, in welcher sie erschienen, von Anfang an nur auf die erwachsenen männlichen Nachkommen überliefert worden sind. Eine jede Abänderung in der Helligkeit, welche bei den Weibchen oder bei den Jungen auftrat, würde für diese von keinem Nutzen gewesen und nicht bei der Nachzucht besonders gewählt worden sein, sie würde überdies, wäre sie gefährlich gewesen, beseitigt worden sein. In dieser Weise werden daher die Weibchen und die Jungen entweder nicht modificirt werden, oder, und dies ist um vieles häufiger vorgekommen, sie werden zum Theil durch Uebertragung einiger der bei den Männchen nach einander erscheinenden Abänderungen modificirt worden sein. Auf beide Geschlechter haben vielleicht die Lebensbedingungen, welchen sie lange ausgesetzt gewesen waren, direct eingewirkt; da aber die Weibchen nicht auch noch anderweitig modificirt worden sind, werden diese alle Folgen derartiger Einwirkungen am besten darbieten. Diese Veränderungen werden wie alle andern durch die reichliche Kreuzung vieler Individuen gleichförmig erhalten worden sein. In einigen Fällen,


  1. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 193. Macgillivray. History of British Birds. Vol. III, p. 85. s. auch den oben angeführten Fall von Indopicus Carlottae.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/199&oldid=- (Version vom 31.7.2018)