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Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60

 Am 22. März wurde ein von epileptischen Anfällen heimgesuchter Knabe Ph. F. aus F. im Pfründhaus aufgenommen.

 Am 30. März wurde nach einem Beschluß der Vorstände der Diaconissenanstalt die Führung des Inventars der einzelnen Räume des Hauses einigen Diaconissen und Schülerinnen desselben übertragen. Mit der eigentlichen Führung des ganzen Hausinventars ward Schwester Dorothea Höppl betraut.

Personalveränderungen.

 Am 6. März Christine Gutmann nach Nürnberg in die Pflegeanstalt.

 7. März. K. Herbst nach Fürth in die Krippenanstalt.

 Besuch waren im Mutterhause: M. v. Meyer, S. Renner.

S. H. 

Vom Schmuck der heiligen Orte.
((Fortsetzung.)
§. 14.

 Schon einmal haben wir von den Bestandteilen des Altars geredet, wir kehren noch einmal zu ihm zurück und geben eine andere Einteilung, welche sich zunächst auf den Altar des Mittelalters bezieht, ihre Anwendung aber auch häufig jetzt noch finden kann. Man schreibt dem Altare nemlich vier Teile zu: 1) die Mensa oder den Tisch, 2) die Predella oder Altarstufe, 3) den Altarschrein, 4) die Krönung und Umfaßung. Von der Mensa haben wir zur Genüge gesprochen, nur daß wir etwa noch anführen könnten, welcher Schmuck auf der Vorderseite oder dem Antependium in den ältern Zeiten angebracht zu werden pflegte und jetzt noch ganz schicklich genannt werden kann. Häufig finden sich an den Ecken Säulen, auch Statuen. Auf dem Antependium aber wurde ein Kreuz oder eine Palme oder ein Labarum oder ein α und ω, oder das Gotteslamm oder ein Pelikan angebracht. Die Predella oder die Altarstufe ist der Aufsatz, auf welchem der Altarschrein befindlich ist, wenn einer vorhanden. Er ist häufig nicht bloß auf der Vorderseite, sondern auch auf der Rückseite bemalt mit Apostelgestalten oder mit Zügen aus dem Leben Jesu, auch wol mit einer Grablegung oder dem hl. Abendmahle. Der Schrein besteht eigentlich aus 3 Bogen, welche die Dreiteiligkeit des Kirchenbaues sinnbilden. Die 3 Bogen selber werden mit Statuen oder Bildern von nicht allzu bedeutender Größe ausgefüllt; Statuen und Bilder können je nach der Festzeit wechseln. Späterhin hat man anstatt der Bogen Schreine gemacht mit Thüren, zweien oder dreien. Die Thüren waren innen und außen mit Darstellungen aus der Geschichte des Herrn und seiner Heiligen bemalt. Im Schreine selbst waren Statuen, aber auch gemalte Bilder. Die Krönung steigt empor und endet entweder in der Kreuzesblume oder im Bilde des Auferstandenen, oder sie vereinigt beides. Diese Altäre sind oft wunderschön und verdienen Nachahmung, und eben deshalb haben wir dieses Ortes einiges von ihnen gesagt. Aber nicht weniger schön und nachahmungswerth ist der ältere Altar mit seinen vier Säulen, seinem Baldachin und Ciborium. Dagegen nicht nachahmungswerth und unschön sind die Altäre der Renaissance-Zeit mit ihren dem heidnischen Altertum entnommenen Säulen, Architraven und Halbkugeln, mit ihren halbnackten oder nackten Posaunenengeln und theatralischen Figuren, dazu mit ihren übergroßen Altarbildern.

§. 15.

 Von den beiden Seiten der Kirche ist von Alters her die südliche Seite, wo die Männer sitzen, die geehrtere. Auf dieser Seite, nicht ferne vom Altar, hat der Credenztisch seinen Platz, auf welchem dasjenige seinen Platz findet, was zum Gottesdienste gehört und doch nicht auf dem Altar liegen soll. Der Credenztisch ist ein einfacher Tisch, der mit einem weißen Leinentuche schicklich überdeckt wird, zwei Leuchter trägt, zwischen welchen die Abendmahlsgefäße, bevor sie auf den Altar kommen, oder so viel ihrer nicht auf den Altar kommen, ihren Platz haben. Vor Leuchtern und Gefäßen muß noch Platz sein, auf schickliche Weise Bücher anbringen zu können, die zum hl. Dienste ab- und zugetragen werden.

§. 16.

 Auch die Diener des Worts müßen in der Kirche Platz haben, wo sie sitzen können. Zu diesem Behufe findet man in größern Kirchen auf der Epistelseite zuweilen steinerne Bänke, welche mit Teppichen und Tüchern belegt werden können; außerdem dienen dazu die Sedilien oder Stühle, welche zu diesem Gebrauche nach dem allgemeinen Grundsatz gefertigt werden sollen, nach welchem im Heiligtum nichts Gewöhnliches sein soll. Entweder bildet man den Stuhl, der immer beweglich ist, so, daß das Geländer sammt den Beinen, wenn nemlich 4 Beine angebracht werden können, kreuzweise, aber in geschweifter Linie gefertigt werden, oder man gibt dem Stuhle eine einfache viereckige Construktion mit schöner Verzierung. Die Zahl der Stuhlbeine ist übrigens von alten Zeiten her am liebsten drei oder fünf. Teppiche und Decken fehlen nie, und der Stuhl desjenigen, welcher consecrirt, ist um eine Stufe erhöht, wenigstens nach alter Sitte.

§. 17.

 Der Nachbarschaft wegen gehen wir jetzt sogleich zur Sakristei über, oder wie sie auch heißt zur Gerkammer oder Zither. Voraus bemerken wir, daß nach uralter Sitte und Ordnung in der Sakristei die größte Stille herrschen muß und nicht geredet werden darf. Gen Osten des Raums soll ein Altar stehen, oder wenigstens ein niedriger, tischförmiger Schrein, in welchem Paramente aufgehoben werden können. Derselbe wird dann etwa mit einem grünen Tuche bedeckt. Nicht ferne vom Altar sollte sich ein Betschemel befinden, vor welchem ganz wol nach alter Weise ein

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60. Druck in Commission der C. H. Beck’schen Buchhandlung, Nördlingen 1859, 1960, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Correspondenzblatt_der_Diaconissen_von_Neuendettelsau_Bd02_1859.pdf/20&oldid=- (Version vom 4.9.2016)