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Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60

doppelte Farbe, weiß und violet, um durch bloßes Umdrehen für verschiedene Festzeiten geschickt zu werden. Auch auf die Pulte war großer Fleiß gewindt, sie waren von schönem Holze und farbig. Dies alles verdient Nachahmung. Nachträglich bemerken wir noch etwas über die Größe der Kissen. Sie sollen von Seide oder feinem Leder 2½ Spannen lang, 1½ Spannen breit sein, am Rande mit goldenen oder silbernen Fransen geziert, an den Ecken aber mit Quasten.

 5. Eine uralte Zierde der Altäre kann eine Tafel der kirchlichen Gedenktage unter Glas und goldenem Rahmen genannt werden.

 6. Zur Altarzierde gehören bei uns auch Kniekissen und Fußteppiche. Die kniende Lage des Körpers eignet sich für den Zustand des Gebets ganz vorzüglich, vorausgesetzt, daß der empfindlichste unter allen Knochen des menschlichen Leibes, das Schienbein, nicht zu sehr gemartert wird, wodurch auch einer andächtigen Seele die Andacht vergehen kann. Bei den Kniebänken müßen auch die Arme eine Unterstützung haben. Wenn man zum Empfang des Sakraments am Altare kniet, kann man allerdings für die Arme keine Unterstützung haben, desto bequemer muß für das Knie gesorgt sein. Kniekissen möchten den Kniebänken vorzuziehen sein, weil man auf ihnen mit dem größern Teile des Schienbeins ohne Schmerzen ruhen kann.

§. 13.

 Beim Altare können wir sogleich die hl. Geräthe etwas genauer ins Auge faßen. Zu ihnen gehört:

 a) vor allem der Kelch. Der Kelch besteht aus dem Fuße, der Röhre mit dem Nodus oder Knoten und der Cuppa. Die Hauptsache ist die Cuppa oder die Schaale. Sie kann häufig von dem übrigen Kelche losgeschraubt werden. Die Cuppa zum wenigsten ist nach altem Herkommen von edlem Metall, golden oder silbern, und im letztern Falle wenigstens innen vergoldet. Sie muß, nach welchem Style sie auch geformt sei, keinen ausgebeugten, sondern einen scharfen Rand haben. Der Nodus soll nicht fehlen und nicht mit überladener und wehethuender Zier versehen sein, obwol er sonst der Ort ist, wo man die meiste Zier, Edelsteine u. dgl. anzubringen pflegte. Der Nodus muß eine solche Höhe haben, daß der Pfarrer an demselben den Kelch beim austeilen faßen und regieren kann. Der Fuß des romanischen Kelches, sowie die Röhre ist rund, der Nodus desgleichen, er trägt genau die Form eines Apfels und heißt deshalb auch Pomellum oder Aepfelein. Die Cuppa ist halbrund, nur gegen das untere Ende hin ein wenig eiförmig. Der romanische Kelch hat mehr ornamentales, der gothische mehr construktives. Der gothische Kelch hat einen polygonen oder sternförmigen Fuß. An den Nodus können sich mancherlei gothische Zieraten anschließen; die Cuppa geht fast ganz geradlinig in die Höhe. Die Renaissance-Zeit hat zum Teil sehr kunstreiche, aber von den frühern abweichende Kelche und Kirchengeräthe geliefert, sich aber im ganzen mehr zu dem ornamentalen zurückgekehrt. Die Größe und Höhe eines Kelches ist verschieden, man nimmt als das gewöhnliche Maß eine Höhe von 9 Zoll und einen Umfang von 10½ Zoll an, wohl auch eine Höhe von 11 Zoll und einen Umfang von 13½ Zoll. – Zum Kelche gehört die Patena, ein Teller von völlig gleichem Stoff wie die Cuppa des Kelches, dessen Vertiefung genau in die Oeffnung des Kelches paßen soll. Die Patena ist völlig platt mit scharfem Rand und wird in der protestantischen Kirche nur von ungeschickten Pfarrern zur Austeilung des hl. Leibes benützt, da hiezu, wie wir sogleich hören werden, das Ciborium gehört.

 b) Das Ciborium besteht aus kostbarem Metall, golden oder silbern und inwendig vergoldet, hat wie der Kelch einen breiten Fuß, um vor dem umfallen gesichert zu sein, einen Nodus, um bequem gehalten werden zu können, und wird mit einem knapp passenden Deckel, aus welchem anstatt des Knopfes gerne die Gestalt Christi angebracht wird, geschloßen.

 c) Für ein Gefäß, welches wir sehr nöthig brauchen, finden wir in der frühern Zeit keinen recht anschaulichen Vorgang. Wenn wir dem Geschmack der Renaissancezeit folgen sollten, so würden wir hohe, große, silberne oder goldene Kannen wünschen. Es sieht aber jedermann ein, daß auch dann, wenn ein Altar seinen Credenztisch hat, hohe, große, schwere Kannen unbequem zum Handhaben sind, am allerunbequemsten aber, wenn man sich dieselben zur Consecration auf den Altar denkt, wohin doch die ganze Summe des Weins gehört, welche für eine Communion gebraucht wird. Es werden sich daher mäßige Kannen, nach dem Verhältnis der Gemeinde, und lieber mehrere kleinere als Eine sehr große empfehlen. Es wird dabei acht zu geben sein, daß sie zum Kelche und Ciborium passen und ja nicht die Gestalt einer profanen Kanne haben.

Anm. Von der Reinigung der Kirchengeräthe von edlem Metall sagt G. Jakob in seinem Buche: „Die Kunst im Dienste der Kirche“ (Landshut 1857): „Es werden manchmal rauhe Bürsten angewendet, Kalk, ja selbst Sand oder Salz oder Säuren, wodurch gar vielfache Zerstörung angerichtet werden kann. Hier sollte man es nicht scheuen, mehr Zeit und Sorgfalt zu opfern. Wir geben hier die Art und Weise an, wie nach dem ornat. eccles.[1] hiefür am passendsten und unschädlichsten diese Reinigung vorgenommen werden kann. Die Gefäße sollen vorerst in warmes Waßer getaucht, darnach mit Seife, welche in Lauge zu Brei gekocht worden, wol überstrichen und so, wenn nicht eine ganze Nacht, doch wenigstens einige Stunden lang stehen gelaßen werden; darnach sollen sie in warmem Waßer abgespült und, wo es nothwendig ist, in den Ecken und Winkeln mit einem Bürstchen, dergleichen die Goldschmiede gebrauchen, fein gereinigt werden. Ist das drei oder vier mal in warmem Waßer geschehen, so lege man sie in frisches, kaltes Brunnenwaßer, nehme sie dann heraus und stelle sie, ohne sie abzutrocknen, an die Sonne oder im Zimmer zur Wärme des Ofens, bis sie selbst trocknen. Eherne Gefäße können mit feinem Ziegelmehl, zinnerne mit Kleie und Waßer gereinigt werden.“

(Fortsetzung folgt.)



  1. Ebenso in andern Anweisungen der röm. Kirche. Wer es beßer weiß, mache es beßer; sonst nimmt man guten Rath an, wo Erfahrung ist.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60. Druck in Commission der C. H. Beck’schen Buchhandlung, Nördlingen 1859, 1960, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Correspondenzblatt_der_Diaconissen_von_Neuendettelsau_Bd02_1859.pdf/16&oldid=- (Version vom 28.8.2016)