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und Weintrauben in die Hand gegeben, die hier nicht blos die Gaben bedeuten, die sie dem auf dem Marsch hungernden David zur Labung anbietet, sondern die als Vorbilder des heiligen Abendmahls genommen werden müssen.

Ueber die Verwandlung des Wassers in Wein vgl. den Artikel Wasser. Der Begriff des Adels im Wein, der vom Volke Gottes auf die christliche Gemeinde überging, wurde im Mittelalter wiederum enger concentrirt im Priesterstande. Daher nur den Priestern der Kelch im heiligen Abendmahl vorbehalten blieb. Dem entspricht die schon alttestamentalische Symbolik der Herlinge und bitteren Trauben. 5. Mos. 32, 32. Jesaias 5, 2. Jeremias 31, 29. Darunter sind nämlich die verstanden, die das Wort Gottes kennen und bei denen es dennoch nur bittere Früchte trägt, die zum Adel gehören und die dennoch gemein bleiben, dasselbe, was die Miethlinge im Gegensatz gegen den guten Hirten = unwürdige Priester.

Man bezog den Wein des Abendmahls auch auf das Wasser der Taufe. Durch dieses sollte die allen Menschen angeborne Erbsünde, durch den Wein aber die persönliche Sünde des Individuums gleichsam abgewaschen werden. In den ersten Jahrhunderten der Christenheit pflegte man Wasser unter den Wein des Abendmahls zu mischen, weil man überhaupt im Morgenlande den Wein nie ungemischt trank. Da nun drei Elemente im Abendmahl vorhanden waren, Brodt, Wein und Wasser, so deutete man dies auf die Dreieinigkeit. Es ist hier nicht der Ort, auf alle Streitigkeiten einzugehen, die in der christlichen Kirche über die Bedeutung und den Genuss des Abendmahlsweins ausgebrochen sind. Nur so viel werde hier bemerkt: Die katholische Kirche blieb stets bei der altherkömmlichen Vermischung des Weins mit kaltem Wasser; — die griechische Kirche nimmt dazu warmes Wasser; — die längst untergegangene Sekte der Enkratiten nahm nur Wasser ohne Wein; — die armenische Kirche nahm nur Wein ohne Wasser und wurde deshalb verdammt. Aber zur Zeit der Reformation in Deutschland nahmen alle

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_547.jpg&oldid=- (Version vom 3.3.2023)