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S. 809. Das Gerippe reitet auf einem Pferde, entlehnt von dem Reiter auf fahlem Pferde in der Apokalypse. Vgl. den Artikel Pferd. Oder auf einem Löwen, z. B. d’Agincourt, sculpt. 120, entlehnt vom Löwen des Simeon. Der Löwe als das stärkste Thier gleicht dem allbesiegenden Tode, der Löwenrachen insbesondere dem Todes- und Höllenschlunde. Vgl. die Artikel Löwe und Simson. Der Tod trägt auf neueren Bildern meist eine Sense, wobei man an den antiken Chronos dachte, was aber auch zu dem Bild der apokalyptischen Sichel passt. Vgl. d. Art. Sichel. Das jüngste Attribut des Todtengerippes ist die Sanduhr, als Sinnbild des schnell vergehenden Lebens. Nur selten sind dem Tode Flügel gegeben. So auf einem wunderlichen Bilde Bandinelli’s, wo er mitten unter Gerippen ein Buch zerreisst. Der Maler gab ihm die Flügel eigentlich nur, um ihn als den Begriff des Todes oder activen Tödtens von den andern Gerippen, als den Getödteten, zu unterscheiden, und das zerrissene Buch bedeutet den zerrissenen Lebenslauf. Zuweilen führt der Tod Pfeil und Bogen, was wieder an den apokalyptischen Reiter mahnt. Vgl. den Artikel Pferd. So in den Fresken des Crescenzio zu Palermo. Auf einem Bilde von Fr. Frank in München werden Menschen und Thiere dem Tod wie einem Jäger entgegengetrieben und von seinen Geschossen erlegt. Auf dem berühmten „Triumph des Todes“ in den Fresken des Orcagna im Campo Santo zu Pisa ist der Tod als gepanzertes Weib mit Fledermausflügeln und Sense charakterisirt.

Die humoristische Auffassung des Todes ist vielleicht schon einer älteren Vorstellungsweise des deutschen Heidenthums entlehnt, und namentlich die berühmten Todtentänze lassen sich auf den in einen lustigen und verführerischen Pfeifer, Vogelsteller und Rattenfänger verkappten Todesgott, der die Menschen durch sein Spiel zu wilder Tanzlust und in die Unterwelt verlockt, zurückführen. Aber vom Heidnischen in dieser Vorstellungsweise abgesehen, lag etwas darin, was auch der Christ adoptiren konnte. Der Tod ist

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_498.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)