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gegen andere Tonkünstler. Die Geschichte mit Marchand wurde hauptsächlich durch andere bekannt, er selbst hat sie nur selten erzählt, wenn man in ihn drang. Nur ein Beyspiel zum Beweise seiner Bescheidenheit, wovon ich Zeuge gewesen bin. Bach kriegte einsmals einen Besuch von Hurlebusch, einem Clavier- und Orgelspieler, welcher damals sehr berühmt war. Dieser letztere setzte sich auf Ersuchen an den Flügel; und was spielte er Bachen vor? Eine gedruckte Menuet mit Veränderungen. Hierauf spielte Bach ganz ernsthaft nach seiner Art. Der Fremde von Bachs Höflichkeit und freundlicher Aufnahme durchdrungen, machte Bachs Kindern mit seinen gedruckten Sonaten ein Geschenk, damit sie daraus, wie er sagte, studiren sollten, ohngeachtet Bachs Söhne schon damals ganz andere Sachen zu spielen wußten. Bach lächelte für sich, blieb bescheiden und freundlich.

Dies habe ich dem allzuschneidenden Richterspruche eines nicht allerdings gültigen musikalischen Kritikers entgegen stellen wollen, theils um zu zeigen, daß wir Deutschen ihm das jus de non appellando nicht zugestehen; theils in der Absicht, um ihn und andere Kunstrichter fürs künftige zu warnen, in der Vergleichung berühmter Männer vorsichtiger zu Werke zu gehen; sie nicht von einer Seite gegen einander zu stellen, wo sie nicht zu einander passen; nicht ihnen Vorzüge anzudichten, die sie nicht haben, und bey ihren übrigen Talenten auch allenfalls entbehren können; nicht auf Kosten anderer, eben so entschiedener Verdienste ihren Liebling zu erheben, oder, wenn ja verglichen werden soll, ähnliche Eigenschaften und Verdienste neben einander zu stellen, mit gehöriger Einsicht und richtigem Urtheil sie unpartheiisch zu untersuchen, und dann bescheiden seine Meynung dem Publikum, dem Kenner und Kenner ähnlichem Liebhaber der Kunst vorzulegen. Dann nur können Parallelen berühmter Künstler und Kunstwerke lehrreich seyn.