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Winkend, ihnen nachzufolgen,
Sie Biondetten still ermahnten.

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Eine schweift in einem Bogen

Um sie, Freudenzeichen machend,
Und die andre sah zu Boden,
Traurig ihr Hände faltend.

„Sprechet, was ihr von mir wollet,

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Fromme Schwestern von Sankt Claren?“

Frug die Jungfrau. Nachzufolgen
Winkend jene sie ermahnten.

Und Biondetta folgt den Nonnen,
Die wie Geister vor ihr wallen,

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Zu dem Hause Jacopones,

Zu der Rosarosa Lager.

„Sei willkommen mir im Tode!“
Sprach die Kranke, und vom Lager
Hat sie leis ihr Haupt erhoben,

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Unterstützet von dem Knaben.


„Daß dem Feuer du entkommen,
O, Biondetta, Gott ich danke;
Wolle nun zu meinem Troste
Mir ein Lied zur Harfe schlagen!“

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Als die Jungfrau harfen wollte,

Sah sie an den blonden Knaben:
„Sah ich heut dich nicht am Bronnen
Mit dem Vogel, mit dem Lamme,

Bei der Jungfrau mit den Rosen,

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Bei der süßen Rosablanke,

Die heut früh den Kranz geflochten
Für Marien am Altare?“

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_212.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)