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Und des Weines Zaubereien,
Und wie man am Firmament

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Aus der Sterne klaren Reihen

Menschliches Geschick erkennt.

Abram, daß die Kunst mög bleiben
Die Gestirne zu verstehn,
Wollte sie auf Körper schreiben,

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Die durch Feu’r und Wasser gehn.


Er schrieb sie zum Trost der Seinen
Auf zwei Säulen himmelwärts,
Eine von gebrannten Steinen
Und die andre war von Erz.“

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So sprach Moles zu dem Meister,

Der in hoher Freude steht,
Daß die Weisheit aller Geister
Nun in seinen Händen steht.

„Aber sag,“ spricht er zum Geiste,

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„Wie sich deine Mutter nennt?“

„Heva,“ sprach er, „mit mir kreiste
Durch den Vater Samael.

Und du selber, starker Meister,[1]
Stammest von der Lilith her;

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Dein Urvater, Adam heißt er,

Und der Taufpat Luzifer.

In Ägypten hat verbreitet
Sich dein mächtiges Geschlecht,
Und durch deinen Vater streifte

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Es herüber ungeschwächt.“


„He! mein Vater, he! wie heißt er?“
Spricht nun Apo zum Gesell.

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [400] Hier foppt Moles seinen Meister, indem er ihm die Lilith zur Stamm-Mutter gibt, ihn also als großen Geist, Übermenschen, bezeichnet; aber er demütigt ihn [401] gleichzeitig, indem er ihm nicht einen Dämon, sondern Adam zum Urvater gibt. („Er stammt aus Liliths Geschlecht“ – brauchen viele Dichter als Bezeichnung ungewöhnlicher Abstammung und daher Begabung.)
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)