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Eile nicht, vorüberfliehend

Mit der Sichel scharf und blank;
Schneide ab den Stamm, der knieend
An der Erde welk und krank.

Eine Wagschal, hoch auffliegend,

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Hebt die Buße dich hinan,

Meine Sünde nie aufwiegend
Klagest du vor Gott mich an.

Wie so weiß dein Schleier fliehet,
Nonne, durch den Sternensaal,

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Mit dir betend, büßend, ziehet

Still der Sterne Nacht-Choral.

Aus der Unschuld Paradiesen,
Wo du trugst den Rosenkranz,
Irrest du, durch mich verwiesen

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Mit des Schwertes Feuerglanz.“


Doch der Mond zog stillverschwiegen
Hinter eine Wolkenwand,
Ließ ihn ungetröstet liegen,
Wo er ihn in Tränen fand.

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Und er hebt sich von den Knieen,

Als er sein Gebet vollbracht;
Aber ihm ward nicht verziehen.
Auf dem Tale lag die Nacht.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)