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sich einige Tempelherren an dem Hof des Kaiphas aufhalten. Personen, die nichts mehr zu thun haben, dürfen doch noch auf dem Spielplatz bleiben, denn eine Verordnung vom Jahre 1597 sagt: An den Hof, da am ersten Tag Moyses gsin mit den Juden, mögent sich ietzt andere füegen, die sonst anderswo nit Platz hand oder am letzten Tag nüt ze schaffen hand.

Die Maschinerie ist zum Theil sehr einfach, zum Theil ziemlich complicirt. Recht naiv geschieht die Felsenzerspaltung beim Tode des Salvators, wie sie für’s Jahr 1597 vorgeschrieben ist. Der bewußte Fels hat vorn nichts auffälliges, hinten dagegen befindet sich ein großer Schlitz; ist es nun Zeit, so kehren ihn zwei Männer einfach um, das hintere nach vorn. Zur gleichen Zeit ertönt aus der Nähe ein gewaltiger Chlapf, Knall. Etwas complicirter ist die Erschaffung Adam’s. Dieser ist im Paradies in einer Grube verborgen, welche mit leichtem Gezweige überdeckt ist. Vor der Grube steht Pater aeternus. Er hat den Lehmklotz in den Händen und formirt daran. Plötzlich läßt er ihn fallen, greift rasch in die Grube und zieht den Adam heraus. Beim Opfer Abel’s und Kain’s soll Kain han ein Korngarb, die dri Tag im Wasser glägen nitt gern brünne, Abel ein gmachts Lemlin, inwendig voll Flugspän, das gern brünne oder gar von Bouwelen (Baumwolle) gmacht. Wenn der Schauspieler, welcher den Esau vorstellte, schon kein guter Jäger war, so hatte das gar nichts zu bedeuten, denn bei seiner Jagd lag im Gstüd, im Gesträuch, Einer verborgen, der mußte das Küngelin, Kaninchen, stechen und dem Esau das blutende Thierchen unvermerkt zuwerfen. Zum Schlangenüberfall in der Wüste trägt jeder Jude eine künstlich gemachte Schlange bei sich,

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Renward Brandstetter: Zur Technik der Luzerner Osterspiele. Buchdruckerei der "Allgem. Schweizer Zeitung", Basel 1884, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brandstetter_Zur_Technik_der_Luzerner_Osterspiele.pdf/9&oldid=- (Version vom 15.9.2022)