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kommt freilich die endgeschichtliche Betrachtungsweise der Kirchenväter und der Jesuiten des 17. Jahrhunderts in dieser neuesten Phase der Entwickelung zu ihrem guten Recht.

II. Bei der Frage nach der richtigen Gesamtauffassung der Apk wird es zunächst notwendig sein, in den so heiß umstrittenen literarkritischen Fragen Stellung zu nehmen und die Resultate der Bemühung der letzten Jahrzehnte um den Kompositionscharakter der Apk zu registrieren.

Ein Resultat wenigstens scheint in diesen Verhandlungen, wie schon oben angedeutet wurde, erreicht zu sein, sodaß es nicht wieder aufgegeben werden wird. Es hat sich fast allgemein die Erkenntnis aufgedrängt, daß die Apk als eine durchaus einheitliche Schrift nicht zu begreifen ist.

Davon freilich, daß die ersten drei Verse der Apk offenbar eine nachträgliche Überschrift sind, die dem ganzen voraufgestellt wurde, soll hier noch nicht die Rede sein. Auch hat namentlich Spitta, wie mir scheint, siegreich den ursprünglichen Zusammenhang von Kap. 1-3 und 4-6 erwiesen. Man darf behaupten, daß weder Kap. 1-3 jemals selbständig und für sich allein existiert haben können, noch daß es denkbar sei, daß der Verfasser von Kap. 1-3, dieser so selbständige und geistvolle Schriftsteller, sich einfach begnügt haben sollte, diese Kapitel in eine bereits im großen und ganzen fertig vorliegende Apk einzurücken. Die These aber, daß Kap. 7 nicht aus einem Guß ist und in zwei divergierende Hälften (1-8, 9-17) zerfällt, ist so gut wie einstimmig angenommen; und ebenso einleuchtend ist, daß 7,1-8 nach Kap. 6 recht unerwartet kommt. Kap. 7,1-8 macht endlich in sich den Eindruck eines rätselhaften und abgebrochenen Fragments. Die vier Winde, die hier noch festgehalten werden, werden niemals losgelassen, „diese“ 144000 Versiegelten treten nicht wieder auf; man weiß nicht, was ihre Versiegelung für einen Zweck haben soll. Daß Kap. 10,1-11,13 den Zusammenhang der sieben Posaunen und die Zählung der drei Wehe aufs empfindlichste stören, ist fast allgemein zugestanden. Es ist kaum denkbar, daß der Schreiber der Apk den schönen Zusammenhang derselben in dieser Weise durchbrochen haben sollte ohne einen äußeren Grund. Ihm lag hier eine Quelle vor, die er einarbeiten mußte. Auch aus den fragmentarischen und in sich allein unverständlichen Charakter dieses Fragments mag schon hier hingewiesen werden. Kap. 12 der Apk war von Anfang an, ehe die Kritik an der Apk begann, ein Stein des Anstoßes. Der abrupte neue Anfang hat von früher Zeit her die Veranlassung gegeben, bei diesem Kapitel einen Einschnitt zu machen und die große Rekapitulation hier beginnen zu lassen[1]. Bei diesem Stück setzte zum ersten Mal auch die Kritik mit ihren Versuchen der Quellenscheidung ein. An Kap. 12 suchte Vischer nachzuweisen, daß die Apk in ihrem wesentlichen Bestand nicht christlichen, sondern jüdischen Ursprungs sei.

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S122.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)